Rot ist nicht gleich Rot

Viele rot markierte Wege führen durch die Stadt, einige davon sind "echte" Radwege, andere nicht. Selbst der Polizei fällt das Unterscheiden schwer. Aber wer als Radfahrer auf einem der "falschen" Radwege unterwegs ist, muss mit einem Bußgeld rechnen. Erlebt hat das Stefanie Sanati, die von einem Auto auf einem vermeintlich sicheren Radweg angefahren wurde.

 Sieht nur wie ein Radweg aus, ist aber keiner: Die roten Überwege an der Kreuzung Südallee/Kaiserstraße/Weberbach sind Fußgängerwege, Radfahren ist dort verboten. TV-Foto: Christiane Wolff

Sieht nur wie ein Radweg aus, ist aber keiner: Die roten Überwege an der Kreuzung Südallee/Kaiserstraße/Weberbach sind Fußgängerwege, Radfahren ist dort verboten. TV-Foto: Christiane Wolff

Trier. Ihren Augen nicht trauen wollte Stefanie Sanati, als sie las, was die Polizei ihr schrieb: Sie sei mit ihrem Fahrrad "verbotswidrig" auf einem Gehweg gefahren, 20 Euro Bußgeld solle sie deswegen zahlen. Dabei war sie, als das Auto sie erfasste, mit ihrem Fahrrad auf dem rot eingefärbten Weg zwischen Gehweg und der Fahrbahn der Straße "In der Weberbach" unterwegs. "Da, wo ich auch meiner Tochter immer erkläre, das ist ein Radweg, da musst du fahren", sagt die 34-Jährige. Bei dem Unfall - eine Autofahrerin hatte beim Rechtseinbiegen in die Kuhnenstraße die Radfahrerin übersehen und gerammt - zog Sanati sich Prellungen zu, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Ihr Rad wurde zerstört. "Der Polizist, der den Unfall aufgenommen hat, hat mir nur erklärt, dass ich Strafanzeige stellen und die Autofahrerin auf Schmerzensgeld verklagen könnte. Davon, dass ich was falsch gemacht habe, war nicht die Rede." Als rund eine Woche später besagter Anhörungsbogen in ihrem Briefkasten lag, wandte sich Sanati an den Volksfreund. In dem Schreiben heißt es: "Der eingefärbte Bodenbelag bedeutet nicht, dass es sich um einen Radweg handelt. Es fehlt die Widmung mittels Verkehrszeichen." Schilder einfach abmontiert

Tatsächlich wurde die "Widmung", sprich das blaue Fahrradweg-Verkehrsschild, vor neun Jahren abmontiert. Seitdem ist der Radweg - wie viele andere ehemalige Radwege in Trier - offiziell und rechtlich kein Radweg mehr. "1998 wurden die Straßenverkehrsordnung novelliert und neue Normen für Fahrradwege festgelegt", erklärt der städtische Pressesprecher Ralf Frühauf. Zusammen mit der Polizei habe man damals dort, wo Triers rote Radwege nach der neuen Bestimmung zu schmal oder zu dicht an der Straße verliefen, die Fahrradschilder entfernt. Die rote Markierung aus gefärbtem Asphalt oder Pflastersteinen und teilweise auch die weißen Einfassungen - gemeinhin sichtbare Erkennungszeichen für Radwege - blieben. "Es hätte viel, viel Geld gekostet, diese Radweg-Markierungen zurückzubauen", erklärt Frühauf.Wie viele Radwege durch das Entfernen der Schilder zu Gehwegen wurden, auf denen das Radfahren verboten ist, ist bei der Polizei nicht genau bekannt. Fest stehe allerdings, dass "durch die unterschiedlichen Markierungen und Beschilderungen Rechtsunsicherheit bei den Verkehrsteilnehmern" bestehe, erklärt Polizeisprecher Karl-Peter Jochem auf TV-Anfrage. Auch der Polizist, der den Unfall von Sanati aufgenommen hat, habe "die Situation vor Ort offenbar falsch beurteilt", gesteht Jochem. Erkennbar sei daran, dass "selbst für Polizeibeamte die Radwegeführung in Trier nicht immer sofort nachvollziehbar ist". Auch weil die Zahl der Unfälle mit Radfahrern gestiegen ist (siehe Extra), fordert die Trierer Polizei von der Stadtverwaltung, dass die "missverständlichen Markierungen entfernt oder in Radwege umgewandelt werden". Pressesprecher Frühauf erklärt, dass die nicht eindeutige Markierung auch den städtischen Verkehrsplanern seit langem ein Dorn im Auge sei. Schon vor dem Unfall habe es Überlegungen gegeben, wie diese "suboptimale" Situation geändert werden könnte. "Wenn der auf 200 000 Euro verdoppelte Radwege-Etat im neuen Haushaltsentwurf so beschlossen wird, dann können sich die Trierer Fahrradfahrer sicher sein, dass Anfang nächsten Jahres die Situation verbessert wird." Vermeintliche Radwege Weder Polizei noch Stadtverwaltung können mit einer detaillierten Auflistung der ehemaligen Radwege und jetzigen Gehwege im Stadtgebiet dienen. Lediglich Straßenzüge, in denen die Radweg-Ausschilderung 1998 teilweise abmontiert wurde, kann das Presseamt benennen. Dazu gehören laut städtischem Schreiben "Teile der Radwege im Bereich der Kaiserthermen, im Bereich der Weberbach, Bereiche der Luxemburger Straße, im westlichen Bereich der Aachener Straße".Radunfälle Im ersten Halbjahr des Jahres gab es in Trier 66 Verkehrsunfälle, an denen Fahrradfahrer beteiligt waren. Im vergangenen Jahr waren das im gleichen Zeitraum 53 Unfälle. Bei 52 der 66 Unfälle von Januar bis Juli 2007 wurden Menschen verletzt, davon 12 schwer und 40 leicht. Häufigste Unfallursachen sind laut Polizei das "verbotswidrige Benutzen von Gehwegen und Fußgängerüberwegen sowie Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr, zum Beispiel aus Einfahrten". Die Hälfte der Unfälle wurden laut Polizei von de Radfahrern verursacht, bei zwölf weiteren waren Radfahrer Mitverursacher. Wie viele Unfälle auf ehemaligen, rot markierten Radwegen und jetzigen Gehwegen passierten, weist die Unfallstatistik nicht aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort