Ruhelos im Ruhestand

TRIER. Mit einem kleinen Team hat Walter Lindacher in den 70er-Jahren das Fach Jura an der Universität Trier aufgebaut. Heute ist der Professor zwar im Ruhestand, aber noch regelmäßig an seiner Wirkungsstätte anzutreffen.

 Auch nach seiner aktiven Zeit als Dozent kommt Jura-Professor Walter Lindacher noch häufig an die Universität Trier. TV-Foto: Kerstin Smirr

Auch nach seiner aktiven Zeit als Dozent kommt Jura-Professor Walter Lindacher noch häufig an die Universität Trier. TV-Foto: Kerstin Smirr

Mit Freude und auch ein wenig Stolz zeigt Walter Lindacher das blau gebundene Buch, das ihm seine Kollegen vor Kurzem zum 70. Geburtstag geschenkt haben. "Facetten des Verfahrensrechts" lautet die mehr als 200-seitige Festschrift, die ihm gewidmet ist. Die Liste von Lindachers Veröffentlichungen im Anhang weist auf ein arbeitsreiches Leben. Auf mehr als hundert Abhandlungen hat er es bis heute gebracht, verschiedene dicke Erläuterungsbände zu Gesetzen, so genannte Kommentare, geschrieben. Vor zwei Jahren, als Walter Lindacher das 68. Lebensjahr erreichte, ging er in den Ruhestand. Mit seiner Frau pflegt er das Radfahren in der hügeligen Landschaft. Sport gehört mit Tennis, Schwimmen und Skifahren für ihn zum Leben. Er liebt den Wein der Region und schätzt Konzertbesuche in der Luxemburger Philharmonie. Dennoch dürfte der Ruhestand für ihn mit Ruhe eher weniger gemein haben. Walter Lindacher kommt regelmäßig an die Uni, arbeitet dort in der Bibliothek oder in seinem Büro. "Ich schreibe gerade einen Festschriftaufsatz und lese Korrekturfahnen", erzählt er. Denn demnächst erscheint die Neuauflage einer seiner Gesetzkommentare. Zudem liest er aktuelle wissenschaftliche Zeitschriften, um sich auf dem Laufenden zu halten. Im vergangenen Sommersemester hielt er seine letzte Vorlesung im gut besuchten Hörsaal. Sein Motto: aufhören, wenn es am schönsten ist, "um sich nicht den Ruf zu ruinieren", wie er scherzhaft sagt. Den hat er sich in der Rechtswissenschaft im Laufe seiner Karriere erarbeitet. 1937 wird Walter Lindacher in Schweinfurt geboren. Erinnerungen an eine Kindheit im Krieg sind ihm bis heute präsent. "Ich habe die Luftangriffe und Trümmer noch vor Augen", erzählt er. Die Eltern ermöglichen ihm später das Abitur: "Das war nicht selbstverständlich, weil ich aus einer Arbeiterfamilie stamme." Der gebürtige Franke studiert Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Würzburg, Tübingen und Genf, wo er später auch als Assistent wirkt. Er schlägt den wissenschaftlichen Weg ein: "Mich reizt an dieser Arbeit die Mischung aus Wissenschaft und Lebensnähe", sagt er heute. Eine Lehrstuhlvertretung führt ihn vom Süden in den Norden, genauer gesagt nach Kiel. Schließlich kommt er 1975 als einer der ersten Professoren für die neu gegründete Rechtswissenschaft an die Universität Trier. Gemeinsam mit einem kleinen Team bereitet er das erste Semester für 100 Studenten vor. "Wir haben uns 14 Tage vor Vorlesungsbeginn das erste Mal getroffen und aus dem Stand heraus angefangen", sagt er. "Es war eine aufregende Zeit." Lindacher lehrt seine Trierer Studenten fortan Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Verfahrensrecht. Sein Weg führt ihn auch an die Uni Metz, wo er parallel französische Studenten in deutschem Recht unterrichtet. Während seiner Laufbahn wird er zweimal Dekan und engagiert sich in verschiedenen universitären Kommissionen. Von 1979 bis 1990 arbeitet er im Nebenamt als Richter am Oberlandesgericht Koblenz. Zwei Rufe anderer Unis hat er im Laufe seiner Zeit in Trier erhalten und beide Male "trotz der Verlockung" abgelehnt. "Ich habe nie gedacht, den Lebensabend in Trier zu verbringen", sagt er. Doch habe er hier eine zweite Heimat gefunden.

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