Russlands Lieblingslieder

EHRANG/QUINT. In der "Remise" in Quint fand ein russischer Liederabend statt. "Frühlingserwachen" - so hatte die bulgarische Sopranistin Vera Ilieva den Abend betitelt, an dem vier russische Sängerkollegen mitwirkten, die normalerweise am Trierer Theater auftreten.

Voll besetzt ist die "Remise". Doch das Stimmengewirr klingt an diesem Abend weniger trierisch als mehr russisch. Gut zwei Drittel der Zuhörer sind russischer Herkunft. Ganze Familien sind gekommen, um Lieder von Rubinstein, Tschaikowsky, Rimski-Korsakow, Mussorgski und anderen berühmten Komponisten zu hören. "Die Lieder sind Klassiker", sagt die Krankenschwester Nadja Vartanyan. Ihre 12-jährige Tochter Anastasia stimmt zu: "Ich kenne fast alle." In Deutschland kennt man nur wenige der Lieder der großen Slawen. "Doch sie sind Zeitgenossen der Romantiker wie Schubert und Schumann. Und die Botschaft der Lieder kann man auch verstehen, wenn man kein Russisch kann. Sie sprechen das Gefühl an", sagt die Sopranistin Vera Ilieva.Gesang als Mittel zur Integration

Die gebürtige Bulgarin, seit 28 Jahren in Deutschland und seit 23 Jahren am Trierer Stadttheater, war in ihrer Kindheit drei Jahre in Russland, wo ihre Mutter als Opernsängerin auftrat. "Russisch zu singen, macht mir sehr viel Freude", sagt sie. Daher hatte sie die Idee zu dem Liederabend. Die Theaterkollegen Olga Gorodetskaia, Sergei Snegirov, Juri Dolgopolov und Evgeny Jakovlev waren angetan von dem Vorschlag. "Die Remise habe ich ausgewählt, weil die Atmosphäre so familiär ist", sagt Ilieva. Schließlich sei das Ziel, einerseits die - in Trier zahlreichen - russischen Mitbürger zu erfreuen, andererseits auch die Deutschen an die Stücke heranzuführen. "Wir sind eine Familienbildungs- und Begegnungsstätte", bestätigt Waltraud Endres-Thule, stellvertretende Leiterin der "Remise". Für die Integration, aber auch zur Erbauung sei "ein solcher Abend etwas ganz Besonderes." Unter der Begleitung der Pianistin Bella Schelewina singen Olga Gorodetskaia, Sergei Snegirov, Juri Dolgopolov, Evgeny Jakovlev und Vera Ilieva mal allein, mal in Duetten und mal alle zusammen. Stücke wie "Lelias Lied" aus Rimski-Korsakows Oper "Schneewittchen", das vertrackte "Tanzlied" von Mussorgski, "Karavan", eine "typisch russische Stadtromanze", und das fröhliche Duett "Vanka liebt Tanka" versetzen das Publikum in Begeisterung, und bald wird fröhlich mitgeklatscht. Stimmlich und schauspielerisch tun sich besonders Sergei Snegirov und Juri Dolgopolov positiv hervor. Auf der anderen Seite gibt es da die melancholisch-schwermütigen Lieder wie Bulachovs "Erinnerungen" (gesungen von Evgeny Jakovlev) und Tschaikowskis "Mein Schutzgeist", gefühlvoll vorgetragen von Olga Gorodetskaia. Stimmgewaltig singt Vera Ilieva schließlich das "Prosit-Lied", bevor am Ende alle fünf den Hit "Schwarze Augen" zum Besten geben und als Zugabe einen orthodoxen Gesang. Die Zuschauer spenden lebhaften Beifall.

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