Schimmel, Gestank und Schäden

Ehrang. 78 Kinder und das Personal hausen im Ehranger Kindergarten St. Peter seit Jahren in unhygienischen Verhältnissen. Der Stadt und der Trägergesellschaft KiTa GmbH ist das Problem bekannt, die Eltern fühlen sich hingehalten. Nun gehen sie auf die Barrikaden.

"Uns stinkt´s", steht auf einem Plakat, das der kleine Benjamin in die Kamera hält. Und das meint er wörtlich. Aus den Toiletten des 73 Jahre alten Sandsteingebäudes - einer ehemaligen Koch- und Nähschule - dringt übler Geruch, der mit scharfen Desinfektionsmitteln in Schach gehalten werden soll. Der Gestank durchdringt das ganze Gebäude und bleibt in der Kleidung hängen. Ein Ärgernis, zu dem sich ernste gesundheitliche Bedenken der Eltern gesellen. Schimmelpilzsporen wurden bereits vor einem Jahr vom Gesundheitsamt in den Räumen fest gestellt. Eine Gruppe wurde daraufhin geschlossen, der Turnraum ist seitdem nicht mehr benutzbar. Auch in anderen Räumen wurden deutlich erhöhte Werte ermittelt. "Uns wurde schon vor einem Jahr versprochen, dass wir hier raus kommen", beschwert sich Ernst Barthel, Vorsitzender des Elternausschusses, der mit seinen Klagen bei der KiTa auf taube Ohren stieß. Seit Jahren schon gebe es Elternproteste wegen des baulichen Zustands, getan habe sich nichts. Großflächiger Schimmel auf der Wand im Vorratsmittelraum, muffige Gruppenräume - der Krankenstand ist hoch. Denn sowohl das Personal als auch die Kinder leiden unter Atemwegserkrankungen und Kopfschmerzen. Barthel: "Wer es sich leisten kann, hat sein Kind abgemeldet." Quadratmeterweise haben sich Bodenplatten vom aufquellenden Holzboden gelöst. Die Kinder spielen auf Kleberresten und haben sich schon an Nägeln verletzt, die Millimeter hoch aus dem Boden ragen. "Es gibt einen sicht- und riechbaren Schimmelpilzbefall, der zu gehäuften Infekten, unspezifischen Reaktionen oder zusätzlichen Allergisierungen führen kann", bestätigt die Allgemeinmedizinerin Dr. Liane Arimond, in deren Praxis etliche Betroffene in Behandlung sind. "Literweise" Antibiotika habe seine Tochter in den letzten 13 Monaten geschluckt, seit sie im Kindergarten sei, sagt ein Vater. "So krank war sie noch nie." Schon lange gibt es Beratungen, wo ein künftiger Neubau des Kindergartens entstehen könnte. Wegen der eskalierenden baulichen Situation des alten Kindergartens wurden im vergangenen Jahr verschiedene Übergangslösungen durchgearbeitet und den Eltern Umzüge in Aussicht gestellt. Variante eins: der Ausbau des Dachgeschosses im Biewerer Kindergarten. Variante zwei: die Sanierung der ehemaligen Ehranger Schule "Unter Gerst". Spätestens Ende 2003 sollte Schluss sein mit Schimmel und Gestank. Eine Vielzahl von Entscheidungsträgern ist dabei involviert: Landesjugendamt, Gemeindeunfallkasse, Bauaufsicht, Feuerwehr, Bistum, Pfarrei und gleich drei Dezernate der Stadt. Schneller Umzug

Nachdem das Hochbauamt für den Dachgeschossausbau in Biewer 600 000 Euro veranschlagte, errechnete das Bistum dafür 300 000 Euro. Dort würde die Stadt ein Bauvorhaben bezuschussen; die Schulsanierung "Unter Gerst" müsste sie alleine tragen. Unterdessen ist als Folge der TV -Recherche Bewegung in die Sache gekommen. Gestern wurde der Kindergarten kurzfristig bis Mittwoch geschlossen. Denn in einem Gruppenraum wurden Bodensenkungen festgestellt. "Auf jeden Fall eine Gruppe, am besten alle werden vorübergehend ausgelagert", sagte Sozialdezernent Georg Bernarding. Am Mittwoch will er dem Jugendhilfeausschuss entgegen seinem eigentlichen Plan aus Zeitgründen einen schnelleren Umzug des Kindergartens nach "Unter Gerst" vorschlagen. Dort könnten die Kinder ab dem Sommer betreut werden - eine Zwischenlösung, die im Interesse der Eltern liege. Wo die Kinder allerdings bis dahin untergebracht werden, ist noch fraglich. Denkbar wären das Pfarrheim oder die Jugendräume in Quint. Dabei müsste aber die Pfarrei St. Peter mitspielen.

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