Sehen, fühlen und formen

OLEWIG. In unmittelbarer Nachbarschaft leben und arbeiten gleich zwei bildende Künstler im alten Olewiger Ortskern. Doch nicht nur in dem Trierer Stadtteil sind Guy Charlier und Franz Schönberger bekannt.

 Seine Kunst soll die Menschen erfreuen: Franz Schönberger arbeitet seit 1980 in seiner Werkstatt, dem ehemaligen Kindergarten beim Olewiger Kloster.Foto: Cordula Fischer

Seine Kunst soll die Menschen erfreuen: Franz Schönberger arbeitet seit 1980 in seiner Werkstatt, dem ehemaligen Kindergarten beim Olewiger Kloster.Foto: Cordula Fischer

EinigeKunstwerke von Guy Charlier und Franz Schönberger sind in dernäheren und weiteren Umgebung zu sehen. Auf Ausstellungen zeigensie, was in ihren Olewiger Ateliers entsteht. Trotz der örtlichenNähe sind die Stilrichtungen, denen sich Charlier und Schönbergerwidmen, grundverschieden. Franz Schönberger ist stolz auf sein kleines Reich. Im alten Kindergarten neben dem Olewiger Kloster richtete er 1980 sein Atelier ein. Das denkmalgeschützte Gebäude, das seine Bildhauerwerkstatt beherbergt, hat er für seine Zwecke nicht verändert, einige Einrichtungsgegenstände und Fußbodenelemente sind noch im Originalzu-stand erhalten.

Der gebürtige Trierer studierte zunächst in der Werkkunstschule am Paulusplatz, bevor er für drei Semester nach Köln ging, nach weiteren vier Semestern 1969 in Wuppertal sein Examen machte und schließlich 1978 in seine Heimat zurückkehrte.

Nicht nur das Haus ist ein Stück Zeitgeschichte. "In diesen Räumen steht ein Teil meiner Lebensgeschichte", erzählt Schönberger. Eine 14-teilige Serie großer Gipsplastiken, die vor drei Jahren in der Basilika ausgestellt waren, bewahrt er im angrenzenden Schuppen auf. Sie haben die Musik Johann Sebastian Bachs zum Thema. "Es ist der Versuch, Musik, die Kunst der Fuge, dreidimensional sichtbar zu machen. Dieses Thema fesselt mich seit 1993."

Die Formensprache, mit der er Sichtbares, Hörbares und Unsichtbares visualisiert, ist Ausdruck seines Verständnisses von Kunst. Neben der handwerklichen Ausbildung ist Fühlen und vor allem Sehen die Grundlage allen Schaffens.

Darin stimmt er mit Guy Charliers Philosophie überein. "Die Gefühle sind das Wichtigste, und ich gehe immer mit offenen Augen durch die Welt, nehme alles wahr", sagt Charlier. Während Franz Schönberger eher von Künstlern der Moderne wie Pablo Picasso, Aristide Maillol, Max Bill und Henry Moore geprägt ist, finden sich in Charliers Werk Anklänge an ägyptische, asiatische, indianische und antike Kulturen.

Nachdem der gebürtige Franzose sein Studium 1978 in Clermont-Ferrand mit Auszeichnung beendete, kam er 1981 nach Trier. In seinem Haus in der Olewiger Straße, das er selbst ausgebaut hat, lebt und arbeitet er, bewahrt die Früchte seines Schaffens auf. Die Kombination verschiedener Materialien wie Holz, Bronze, Stahl, Stein, Ton und Schmelzzement sowie die Abstraktion figurativer Elemente sind Zeichen von Natur, Kultur, Mensch und Gesellschaft, von deren Durchdringung und Verschmelzung. Dabei nutzt er die Erinnerung und Bildung des Betrachters, der die Vorbilder erkennt, löst sich gleichzeitig aber von ihnen und lädt sie mit neuen Sinnzusammenhängen auf. "Es wäre unerträglich, wenn man zu barock arbeiten würde", sagt Charlier. Bei ihm wird auch der Sockel, auf dem ein geformter Kopf ruht, zur Kunst.

Seine Konzentration und die Inspiration zu den Arbeiten findet er oft in ungestörten Nachtstunden und während er Musik hört. Auch der Zufall und vorgegebene Strukturen des Materials sind mitgestaltende Elemente, wenn er mit Hammer, Meißel, Messern und Kettensäge den Rohlingen ihre Ausdruckskraft verleiht. Vor sieben Jahren hat Guy Charlier begonnen, seinen derzeitigen Stil zu entwickeln. "Gearbeitet habe ich daran aber ein ganzes Leben."

Morgen in unserer Reihe "Trier - ganz nah": Kinder erwünscht - Die Spielplätze von Olewig.

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