Seit genau 40 Jahren wieder da: "Ons Steip"

Die Steipe ist eines der meistfotografierten Motive Triers. Nach einem Bombentreffer 1944 war das Repräsentationshaus der Bürgerschaft gut 25 Jahre lang von der Bildfläche verschwunden. Erst Ende Juli 1970 feierte die Steipe "Auferstehung".

Trier. Ein halbes Jahrhundert dauerte es, sie zu errichten. Ein einziger Augenblick genügte, um sie in Schutt und Asche zu legen. Als am 21. Dezember 1944 britische Bomber Trier angriffen, erhielt die Steipe einen Volltreffer. An Wiederaufbau war lange nicht zu denken. Nach dem Krieg hatten die Trierer andere Sorgen. Und in der Wirtschaftswunderzeit der späten 50er Jahre gab es viele Menschen, die sich an der exponierten Ecke Hauptmarkt/Dietrichstraße einen Kaufhaus-Neubau vorstellen konnten. Dem wollte der Verein Trierisch vorbeugen. Bereits im November 1948 hatte er unter seinem Vorsitzenden Fritz Bley zu einer Spendenaktion für die Wiederrichtung der Steipe aufgerufen. Trotz geringer Resonanz ließ der Heimatpflege- und Denkmalschutzverein nicht locker, denn es ging um viel mehr, als lediglich eines von vielen untergegangenen historischen Gemäuern wieder auferstehen zu lassen. Immerhin gilt die Steipe mehr als jedes andere Denkmal als d a s Symbol der stolzen Bürgerschaft. Die Porta Nigra steht für römischen Imperialismus, die Steipe hingegen für den Freiheitswillen der Trierer. Deshalb hatte sie in mehreren Bauabschnitten zwischen 1430 und 1483 den turmartigen Bau im spätgotischen Stil via à vis zur Domstadt errichtet - eine klare Ansage an den Erzbischof und Kurfürsten, der auch weltlicher Herrscher war (und es aller bürgerlichen Freiheitsbestrebungen zum Trotz auch bleiben sollte).

Der Name Steipe entstammt der trierischen Bezeichnung der Arkadenpfeiler: Stypen. Im Erdgeschoss tagte das Marktgericht, der Zender (Polizeichef)hatte dort seinen Amtssitz. In den darüberliegenden Gasträumen zechten Schöffen und Ratsherren, und dort empfing die Stadt ihre Gäste, denn für repräsentative Anlässe war das Rathaus am Kornmarkt zu klein. Das Herz des mittelalterlichen Triers schlug am Hauptmarkt.

Günther Reh seit 2000 Hausherr



Seit 1807 in Privatbesitz, diente die zeitweise als "Rotes Haus" betitelte Steipe als international bekanntes Hotel mit Weinstube, ab dem frühen 20. Jahrhundert als Stadtmuseum. Nach 1945 dauerte es fast 20 Jahre, ehe das Bemühen ums Steipen-Comeback Früchte trug. Friedrich Breitbach (Fabrikant und erster Nachkriegs-OB), Erich Pies (Chefarzt von St. Irminen) sowie die Rechtsanwälte Heribert Scheubly und Franz Schmitt gründeten gemeinsam mit OB Josef Harnisch am 19. März 1964 das Kuratorium "Wiederaufbau der Steipe". Am 7. Dezember 1966 votierte der Stadtrat für den Neubau nach historischem Vorbild, den er am 22. Februar 1967 per Erbbaurechtsvertrag an die Kölnische Lebensversicherung übertrug. Deren Generaldirektor Franz Hecking, mit einer gebürtigen Triererin verheirateter "kölsche Jong", war ein engagierter Förderer des schwierigen Unterfangens. Die planerischen Voraussetzungen schuf das Stadt-Denkmalamt (Helmut Lutz, Rainer Thelen) in Zusammenarbeit mit Gerhard Müller-Menckens, Hausarchitekt der Kölnischen. Rund drei Jahre dauerte der Wiederaufbau. Als Anfang Juli 1970 der Bauzaun fiel, jubelten die Trierer: "Ons Steip", das Kronjuwel im städtebaulichen Gesamtkunstwerk Hautmarkt, und das benachbarte "Rote Haus" waren wieder da. Gut 2,6 Millionen Euro hatte die Kölnische Lebensversicherung dafür aufgebracht. Gefeiert wurde der neue Steipenbering am 31. Juli mit einem Volksfest auf dem Hauptmarkt. In den Erbpachtvertrag mit der Stadt ist 2000 der Trierer Unternehmer Günther Reh (82) eingestiegen und hat dort das Spielzeugmuseum und ein Café-Restaurant untergebracht.

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