Stadt, Land, Zahl

Bei Einwohnerzahlen und Einwohnerstatistiken geht es nach landläufiger Meinung um abzählbare Mengen und verlässliche Fakten. Doch so einfach ist das offenbar nicht. Unstrittig ist, dass Trier mehr als 100 000 Einwohner mit Erstwohnsitz hat. Damit vergrößert sich der Stadtrat nach der Kommunalwahl 2009 von 52 auf 56 Sitze.

Trier. Das städtische Amt für Stadtentwicklung und Statistik kommt beim Zählen der Einwohner Triers auf ganz andere Zahlen als das Statistische Landesamt. Mal werden Angehörige von stationierten ausländischen Soldaten mitgezählt, mal nicht. Beim einen fließt die Zahl der Asylbewerber in die Zählung ein, beim anderen nicht.

Von den verschiedenen Ergebnissen der beiden Behörden hängen jeweils verschiedene Dinge ab. Doch welche Zahl wofür herangezogen werden muss, ist den Behörden offenbar selbst nicht immer klar.

Statistik versus Melderegister



Beispiel Stadtrat: Über die Größe des Kommunalparlaments entscheidet die Einwohnerzahl einer Stadt am 30. Juni im Vorjahr einer Kommunalwahl. Von 80 000 bis 100 000 Einwohnern mit Hauptwohnsitz gibt es 52 Stadtratssitze, auf 100 000 bis 150 000 Einwohner kommen 56 Stadtratsmitglieder. Nun ist seit längerem zwar bekannt, dass Trier mit Einführung der Zweitwohnsitzsteuer die 100 000er-Hürde bei den Erstwohnsitzlern genommen hat. Aber wo eine amtliche Zahl gefordert ist, sollte diese auch genannt werden.

Auf Nachfrage nach besagter maßgeblicher Zahl vom 30. Juni verweist Triers Presseamt zunächst auf die Zuständigkeit des Statistischen Landesamts. Von diesem sei die amtliche Einwohnerzahl Triers allerdings erst im Oktober zu erwarten.

Das Landesamt wartet mit komplizierten Erklärungen auf: Man arbeite auf Grundlage der Volkszählung von 1987, binde darein die beim städtischen Register gemeldeten Geburten, Sterbefälle sowie Zu- und Wegzüge ein und berücksichtige außerdem die Fluktuation zwischen den Bundesländern, erklärt der Pressesprecher des Landesamts. Bis alle Einwohner und Nicht-mehr-Einwohner auf diese Weise erhoben und berechnet seien, könne es durchaus bis Oktober dauern.

Soweit so richtig also die Angaben des städtischen Presseamts. Falsch ist allerdings, dass die Statistik des Landesamtes überhaupt maßgeblich ist für die Größe des Trierer Stadtrats, wie Paragraf 130 der Gemeindeordnung definiert.

"Die Anzahl der Sitze im Stadtrat richtet sich nach der Zahl der Personen mit Hauptwohnung, die aus dem Melderegister der Stadt Trier zum Stichtag 30. Juni ermittelt wird, nicht aber nach den Einwohnerzahlen des Statistischen Landesamts", klärt Johannes Weinand, Leiter des Trierer Amtes für Stadtentwicklung und Statistik in dieser Woche endlich die Situation auf.

Und "Personen mit Hauptwohnung" habe es in Trier am 30. Juni dieses Jahres 103 059 gegeben. Damit ist es amtlich: Der Stadtrat wird nach der Kommunalwahl im Juni nächsten Jahres 56 statt wie bisher 52 Sitze haben.

Überschritten hatte Trier die 100 000er-Hürde bei den Hauptwohnsitzlern schon zum 30. Oktober 2006 - einen Monat nachdem der Stadtrat die Zweitwohnsitzsteuer beschlossen hatte.

Insgesamt - also Hauptwohnsitzler plus Nebenwohnsitzler - haben Ende 2006 laut städtischem Melderegister 108 125 Menschen in Trier gelebt. Laut Statistischem Landesamt waren es zum gleichen Zeitpunkt nur 103 518.

Zuletzt 1976 mehr als 100 000 Erstwohnsitzler



Vor 2006 zählte das städtische Melderegister übrigens zuletzt am 31. Dezember 1976 mehr als 100 000 Hauptwohnsitzler: 101 651 waren damals in Trier mit Hauptwohnsitz gemeldet. Mit zusätzlich 7069 Zweitwohnsitzlern gab es damals insgesamt 108 720 Trierer. Das Statistische Landesamt hatte zu diesem Zeitpunkt gerade das "städtische Einwohnerwesen umgestellt" - und zählte prompt insgesamt bloß 99 107 Trierer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort