Studium im Krisengebiet

TRIER. Der Trierer FH-Student Eckart Sußenburger hat als erster deutscher Student ein Auslandssemester in Sderot am Gaza-Streifen verbracht, wo seit 2001 fast täglich Raketen niedergehen.

 Zurück in Trier: Eckart Sußenburger wagte sich als erster deutscher Student zum Austausch in die Krisenregion um Sderot. TV-Foto: Mandy Radics

Zurück in Trier: Eckart Sußenburger wagte sich als erster deutscher Student zum Austausch in die Krisenregion um Sderot. TV-Foto: Mandy Radics

Grenzerfahrungen hat der 23-jährige Informatikstudent Eckart Sußenburger in mehrfacher Hinsicht gemacht. Er wagte sich als erster deutscher Student zum Austausch in die Krisenregion um Sderot, einer Kleinstadt in Israel. Dort hatte er die im Süden der Stadt verlaufende Grenze, hinter der der Gaza-Streifen liegt, vor der Nase. Mit diesem besonderen Auslandsaufenthalt hat Sußenburger kulturelle und sprachliche Grenzen überwunden, und genau das war sein Ziel: "Ich wollte in einem Land leben, in dem ich vorher nie war, das weit weg ist und das kulturell weit entfernt von Europa ist." Und von allen angebotenen Orten sei Sderot der außergewöhnlichste und interessanteste gewesen. Angeboten wird dieser Austausch aufgrund der seit 2005 bestehenden Partnerschaft der Trierer FH mit dem Sderoter Sapir College. Drei Monate war Sußenburger in der Krisenregion. Wie muss man sich eine Stadt dort vorstellen? "Die Stadt selbst hat 20 000 Einwohner, ungefähr so viele wie Wittlich. Es gibt drei Cafés und ein Einkaufszentrum." Das klingt nach einem idyllischen Städtchen - doch beinahe täglich schlagen Raketen dort ein. Seit 2001 geht das so, und ein Ende scheint nicht in Sicht. Angst habe er nicht gehabt, sagt der Austauschstudent, aber eine gewisse Unerschrockenheit müsse man mitbringen. Die Menschen in Sderot hätten sich an die Gefahr gewöhnt. "Niemand geht in Deckung, wenn der Alarm losgeht. Das wäre auch sinnlos, denn die Detonation erfolgt nur wenige Sekunden später." Man gehe nur von den Fenstern weg, da die meisten Verletzungen von den zerberstenden Scheiben herrührten. Da er die Durchsagen bei Alarm anfangs nicht verstanden habe, habe er einfach alles so gemacht wie die Leute, die gerade neben ihm gingen, erzählt er. Von seinem Kibbuz aus, in dem er drei Monate lebte, konnte er nachts die Schusswechsel hören und sehen, so hell war der Nachthimmel erleuchtet. Doch auch daran gewöhnte er sich schnell. Größere Probleme gab es mit der Sprache. Alle Veranstaltungen am Sapir College fanden auf Hebräisch statt. Und der Sprachkurs dort war nicht für Austauschstudenten wie ihn gemacht, sondern für die vielen Einwanderer, die vor allem aus Russland kommen. Einen Schein habe er deshalb nicht mitbringen können, sagt er. Glaubt er, dass nun weitere Austauschstudenten folgen werden? Die Gefahr halte sicher viele Kandidaten ab, meint Eckart Sußenburger. Er ermuntert Interessierte aber, sich selbst ein Urteil über Sderot und die unerschrockenen Menschen im Krisengebiet am Gaza-Streifen zu bilden.

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