TIPP Triers Schulen am Scheideweg

Gute Noten für das inhaltliche Angebot, Versetzung gefährdet bei Gebäude und Ausstattung: So sah das Zeugnis für viele Trierer Schulen im Rahmen der TV-Serie aus, die am 9. April begann und die allgemeinbildenden Schulen in städtischer Trägerschaft porträtierte.

Trier. Die gute Nachricht vorneweg: Es gibt auch in Trier Schulen, an denen alles stimmt. Wo genug Platz ist in schönem Ambiente. Wo kompetente Schulleiter mit hochmotivierten und kooperativen Kollegien Kinder und Jugendliche nach dem aktuellsten Stand pädagogischer Kenntnisse unterrichten. Wo engagierte Elternvertretungen und Fördervereine für die Sahnehäubchen auf dem Schulalltag sorgen. Wo pädagogische Zusatz-Angebote weit über den Standard-Unterricht hinaus zur Verfügung stehen. Wo eine günstige Lehrer-Schüler-Relation gezieltes Fördern von problematischen, aber auch von begabten Schülern ermöglicht. "Die" Trierer Schulen gibt es nicht

Es ist also nicht so, dass man nicht wüsste, wie gute Schule geht. Nur, dass die Rahmenbedingungen sie in vielen Fällen am Gedeihen hindern. Wer sich im Kampf mit Mängeln, Bürokratie und täglichem Kleinkram verzottelt, hat zu wenig Kapazitäten für qualitätsvolle Bildungs- und Erziehungsarbeit. "Die Schulen" gibt es dabei ohnehin nicht. Die Probleme innerhalb der einzelnen Schularten sind sehr unterschiedlicher Natur, sie variieren aber auch je nach sozialem Umfeld der Schule, ja sogar nach der Kompetenz des einzelnen Schulleiters. An deren Führungs-Fähigkeiten hängt vieles, aber sie müssen oft Hausmeister- und Sekretariats-Aufgaben mit übernehmen, sich mit Management-Tätigkeiten herumschlagen oder ihre Zeit der Bürokratie widmen.Am heftigsten ist diese Klage in den Grundschulen, wo die Stadt beim Verwaltungspersonal drastisch spart. Da ist der Rektor in Personalunion Telefonzentrale, technischer Dienst und bisweilen auch Klopapier-Verteiler. Bei den Grundschulen ist die Zerklüftung der Schullandschaft am stärksten ausgeprägt. Für Eltern gleicht ausgerechnet die erste Schulphase ihrer Kinder einem Lotteriespiel: Man kann das große Los erwischen, einen Trostpreis oder eine Niete. Wobei letzteres selten vom pädagogischen Personal abhängt, das sich fast überall bemüht, den Schülern mehr als 08/15-Unterricht anzubieten. Aber es macht einen dramatischen Unterschied, ob ein sechsjähriges Kind auf einer Schwerpunkt- und/oder Ganztagsschule mit großzügiger Förderstunden-Ausstattung, einem frischen, unabgekämpften Lehrer(innen)-Team, Computer-, Differenzierungs-, Lese-, Sport und Sozialräumen, sauberem Ambiente, neuen Farben und Möbeln nebst einem schönen Schulhof und viel grüner Wiese landet. Oder in einem finsteren, baufälligen alten Gemäuer mit halbblinden Fenstern, wo man jeden Quadratzentimeter Platz für Klassenräume braucht, die Betreuung um 14 Uhr endet, kein Essen ausgegeben werden darf, man zur Turnhalle eine halbe Stunde unterwegs ist, die Baumwurzeln den Schulhof in ein Fallen-Labyrinth verwandeln und zwei Generationen von Lehrern je nach Gusto unterschiedliche Unterrichtsmethoden praktizieren. Böse übertrieben? Zugespitzt, okay. Aber keines der Probleme ist erfunden. Von verlässlichen Standards für den "Lebensraum Schule" kann in den Trierer Grundschulen keine Rede sein. Und wenn, dann nur dank Fördervereinen oder Sponsoring, nicht dank des Trägers.Kein verlässlicher Standard für "Lebensraum Schule"

Vergleichbar gravierende Mängel in der "Basis-Versorgung" gibt es bei den Haupt- und Realschulen selten. Wohl aber öfter eine eklatant veraltete Ausstattung, die Peinlichkeitsgrenzen überschreitet. Und eine extrem unterschiedliche räumliche Auslastung.Manche Schulen platzen aus allen Nähten, andere wissen nicht, wohin mit dem Leerraum. Ein effektives Schulmanagement sieht anders aus. Bei Grund- und Hauptschulen hat die Stadt mit der Ausweisung von Ganztags-Angeboten oder Sonderfunktionen regelrechte Wanderungsbewegungen ausgelöst, die manchen "todgeweihten" Schulen ungeahntes Wachstum und mancher "prosperierenden" Schule einen radikalen Schrumpfungsprozess beschert hat. Nur dass es kein Konzept gab, wie man mit der teilweise schlagartigen Zu- oder Abnahme von Schülerzahlen am jeweiligen Standort umgeht.Positiv: Viele Haupt- und alle Realschulen arbeiten an einem klaren inhaltlichen Profil. Es wäre nützlich, wenn man solche Elemente in die künftige "Realschule plus"-Struktur einbringen könnte. Die damit verbundenen Veränderungen machen zurzeit die größte Sorge der Haupt- und Realschulen aus. Die Gymnasien plagt fast ausnahmslos das gleiche Problem: der Platzmangel. Sie stehen in unmittelbarer Konkurrenz, weil sie - anders als Grund- und Hauptschulen - ihre Schüler nicht automatisch per Schulbezirk "zugeteilt" bekommen. Unter diesem gesunden Druck arbeiten sie intensiv an innovativen Konzepten, feilen am Schulprofil, bemühen sich darum, ihre Arbeit gut zu "verkaufen". Einflussreiche Eltern- und Ehemaligen-Vereine sorgen für eine Lobby, und auf dieser Basis trauen sich die Direktoren, klare Forderungen zu erheben. Deren Erfolg endet freilich meist da, wo die Stadt mangels Masse dringende Ausbaumaßnahmen auf den St. Nimmerleinstag verschiebt und dabei sogar bereitstehende Landeszuschüsse ausschlägt, weil sie den Eigenanteil nicht aufbringen kann. Für die Gymnasien ist es frustrierend, wenn ihre eigenen Optimierungs-Bemühungen immer wieder an den Rahmenbedingungen scheitern. Deshalb ist bei ihnen die Hoffnung auf ein Schulentwicklungskonzept mit Abstand am größten. Vielen TV-Lesern ging es wie Daniela D.: Sie schrieb, dass sie die Missstände schockiert, aber auch die Bemühungen der Schulen beeindruckt hätten. Ihre Frage: "Wie kann ich als Privatperson Schulen unterstützen?". Fast alle Schulen haben Fördervereine, die ihnen mit Geld und Arbeitskraft zur Seite stehen. Sie sind über die einzelnen Schulen erreichbar. Kontakte zu vielen unterschiedlichen Schulen kann die Trierer Ehrenamts-Agentur vermitteln. Infos: Carsten Müller-Meine, kontakt@ehrenamtsagentur-trier.de, 0651/9120702.

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