Therapie auf der Leinwand

TRIER. Gegen die Verrohung der Welt: Gemeinsam mit professionellen Künstlern leisten die Mitglieder der Gruppe "Kreapoli" ihren künstlerischen Beitrag zur gesellschaftlichen Konfliktbewältigung in einer Ausstellung in der Europäischen Rechtsakademie.

 Kunst schafft Gesprächsstoff: (von links) Polizeipräsident Manfred Bitter, Malerin Waltraud Jammers sowie die beiden malenden Polizisten und Mitglieder der Gruppe "Kreapoli", Manfred Laros und Josef Michels bei der Eröffnung der Ausstellung "Quo vadis societas" in der ERA Trier . Im Hintergrund Bilder von Manfred Laros.TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Kunst schafft Gesprächsstoff: (von links) Polizeipräsident Manfred Bitter, Malerin Waltraud Jammers sowie die beiden malenden Polizisten und Mitglieder der Gruppe "Kreapoli", Manfred Laros und Josef Michels bei der Eröffnung der Ausstellung "Quo vadis societas" in der ERA Trier . Im Hintergrund Bilder von Manfred Laros.TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Leichen gehören zu seinem Alltag. Josef Michels ist Polizist im operativen Dienst. Unfalltote, Schlägereien, Gewalt, Misshandlung liegen sozusagen auf der Strecke, wenn er im täglichen Schichtdienst mit dem Streifenwagen unterwegs ist. In seiner Freizeit malt der junge Kommissar. "Beim Malen kann ich Erlebnisse zu Papier bringen, die man sonst kaum aufarbeiten kann". Michels ist Mitglied bei Kreapoli, einer Gruppe kunstschaffender Polizeibediensteter des Polizeipräsidiums Trier, die derzeit in der Europäischen Rechtsakademie (ERA) ausstellt. Schock- und Schmerzbewältigung

"Quo vadis societas" heißt das Thema der Schau, frei übersetzt: "Wohin verkommst du Gesellschaft". Denn nicht allein um private Schock- und Schmerzbewältigung, um das Verarbeiten "posttraumatischer Belastungsstörungen" (wie Polizeipräsident Manfred Bitter sagt) geht es den Kunstaktiven der Polizei: "Wir wollen über die Kunst auf Missstände aufmerksam machen", erklärt Michels Kollege Manfred Laros. Der schmale Mann mit dem ernsten Gesicht ist Ansprechpartner der Gruppe und Organisator der Ausstellung. "Man muss die Gesellschaft wachrütteln", mahnt Laros, "sie auffordern, sich in einer zunehmend unmenschlichen Gegenwart zu kümmern." Und sein Chef Bitter bestätigt: "Wir beklagen eine ständige Zunahme von Gewalt". Besonders "die wachsende Verrohung junger Menschen" macht dem Polizeipräsidenten Sorge. Freilich: wer Gesellschaft wachrütteln will, muss sie erreichen. Weshalb die Trierer Polizisten neben Kollegen aus Luxemburg und dem restlichen Rheinland-Pfalz auch acht "ganz normale" professionelle Künstler aus Trier eingeladen haben. Die finden die künstlerischen Aktivitäten der Polizeibediensteten klasse. "Man muss sich über die Kunst der Wirklichkeit und ihrem Elend stellen", erklärt Malerin Waltraud Jammers angesichts ihres düsteren Flüchtlingsbildes von Mutter und Kind. Und auch für Werner Persy, dessen Bilder in expressionistischer Manier von Angst, Hilflosigkeit und menschlicher Bedürftigkeit erzählen, war sogleich klar: "Da mache ich mit, der Mensch ist ohnehin mein Thema." Das nackte Menschsein steht naturgemäß auch im Mittelpunkt der Arbeiten der Polizisten. "Verlorene Tage" und unterdrückte Träume lässt die Luxemburger Polizistin Joelle Schmit aufleben. Die junge Frau hat nach der Scheidung mit dem Malen angefangen, heute bedeutet es für sie Stressbewältigung. Von Realismus bis Abstraktion reicht die künstlerische Ausdrucksbreite, Öl und Acryl sind die gängigen Mittel. Manfred Laros hat für seine Suche nach verlorenen Zeiten und seine Hoffnung auf bessere folgerichtig surrealistische Stilelemente verwandt. Zur gespenstischen Nachtwelt gerinnt Josef Michels "Feine Gesellschaft". Ein Bild von anrührender Unmittelbarkeit präsentiert der Polizist, der sich bisweilen als "Spielball zwischen Politik und Gesellschaft" fühlt. Dass Kunst "Brot führt die Seele" ist, befindet auch Gabriele Lohberg zur Eröffnung der Schau . "Künstler versuchen, über die Kunst Ordnung im Chaos der Welt zu schaffen", stellte die Leiterin der Europäischen Kunstakademie Trier fest. Bis 23. Dezember. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag, 9 bis 17 Uhr, Frreitag 9 bis 16 Uhr.

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