"Vom Tiger zum Bettvorleger"

TRIER. Das Scheitern der City-Scouts und die teuren Überstunden des Controllers Edgar Meyer überraschten den ahnungslosen Stadtrat. Die CDU-Fraktion, ebenso kalt erwischt wie alle anderen, musste sich schützend vor die Parteifreunde im Stadtvorstand stellen. Im TV-Interview nimmt Fraktions-Chef Bertrand Adams Stellung zu diesen und anderen aktuellen Themen.

Das plötzliche Ende der City-Streife hat auch die CDU im Stadtrat nicht kommen sehen.Bertrand Adams: Das stimmt, aber Geschichten wie diese sind keine Indizien dafür, dass es grundsätzliche Differenzen zwischen der CDU-Fraktion und dem Stadtvorstand gibt. Sie selbst haben die Eigenmächtigkeit kritisiert, mit der die Stadt den Vertrag mit der Trierer Wachdienst KG einvernehmlich aufgelöst hat.Adams: Die CDU hat immer intern kontrovers diskutiert, aber nach außen hin geschlossen gehandelt. Wir haben stets einen Weg gefunden, den am Ende alle mitgehen konnten. Das klappt wie in einer guten Familie: Tür zu und reden. Was sagt diese Familie zur harten Kritik des City-Scouts Norbert Oetinger am Ordnungsamt? Der Wachmann sprach von einer feindseligen Haltung der kommunalen Ordnungshüter gegenüber ihren privaten Kollegen.Adams: Es drängt sich der Verdacht auf, dass dieses Amt von Anfang an gegen die City-Scouts war. Ich halte die Darstellung des Wachmanns für glaubwürdig und korrekt. Die Entscheidung des Oberbürgermeisters, Edgar Meyer 50 000 Euro für 5300 Überstunden zu zahlen, wurde im Stadtrat hart kritisiert. Nur die CDU hat den OB verteidigt.Adams: Wenn ich in meinem Betrieb einen Mitarbeiter hätte, dessen enormes persönliches Engagement mir die Einsparung viel höherer Summen als der genannten ermöglicht, würde ich ihn mit Kusshand nehmen. Für mich als Kaufmann ist die Entscheidung des OB die einzig richtige. Die härteste Prüfung, die in den nächsten Monaten auf den Stadtrat zukommt, wird die Entscheidung über das Moselstadion sein. Oberbürgermeister Schröer hat im Januar das Tempo forciert und wollte bereits im März eine Grundsatzentscheidung des Stadtrats sehen. Die Fraktionen mussten ihn bremsen.Adams: Wenn Ministerpräsident Kurt Beck eine 70-Prozent-Förderung öffentlich ankündigt, weil ihm Trier angeblich genauso lieb ist wie Mainz und Kaiserslautern, muss der OB doch darauf reagieren. Wie sehen die nächsten Schritte aus?Adams: Wir haben mit dem Oberbürgermeister und dem Sportdezernenten vereinbart, dass Standortanalyse und Kostenermittlung bis zum 30. Juni abgeschlossen sind. Der Stadtrat wird noch vor den großen Ferien beschließen. In der jüngsten Stadtratssitzung geriet Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink mit seiner Konzeption des Römerspektakels "Brot und Spiele" unter Beschuss. SPD, FDP und die Grünen hatten einiges auszusetzen. CDU und UBM nahmen die Planung in Schutz und brachten sie durch.Adams: Der Kulturdezernent hat absolut nichts verschleppt, sondern man hat ihm im Stadtrat Knüppel zwischen die Beine geworfen. Bis zur letzten möglichen Sekunde wurde nachgebessert, um die im Ausschuss kritisierten Punkte zu korrigieren. Die SPD hat offenbar nach ihrem Kommunalwahl-Debakel ihr Selbstvertrauen wiedergefunden. Wie beurteilen Sie diesen Motivationsschub?Adams: Die starten als Tiger und enden als Bettvorleger. Dieser Entwicklung sehen wir mit großer Ruhe und Gelassenheit entgegen. S Das Gespräch führte TV-Redakteur Jörg Pistorius.

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