Von Geisterbahn-Gästen und Frauenrechtlerinnen

TRIER. (mew) Weg mit dem Elfenbeinturm-Image der Uni! Diese Devise schrieben sich die Gründer des Astarix auf ihre Fahnen und eröffneten 1979 in der Karl-Marx-Straße ihre Kneipe. Seit einem Vierteljahrhundert brummt nicht nur der Zapfhahn. Mit Gratispizza, Openair-Bier und der Band "Silvstead" wurde gefeiert.

"Verein zur Förderung der Kommunikation zwischen Trierer Studenten und Bürgern" - zugegeben, der Name klingt nicht wirklich einladend, das daraus resultierende Kneipenkonzept erfüllt jedoch genau diesen Zweck. Engagierte Mitglieder des Allgemeinen Studierenden Ausschusses stellten damals die Vereinsmitglieder. Daher stammt auch die merkwürdig anmutende Schreibweise "AstArix", die das Kürzel der Studi-Initiative mit dem kleinen Comic-Helden verbindet. Drei Jahre nach dem Startschuss arbeiteten 14 Leute in der Lokalität. Allesamt als Selbständige. Statt verschiedener Arbeitsbereiche setzte man damals auf das Allround-Prinzip. Von der Küche über die Kasse bis zur Kellnerschürze musste jeder überall ran. Dass dieses Gleichberechtigungsprinzip reichlich Konfliktpotenzial bietet, zeigte sich immer wieder. Nach einem halben Jahr Endlosdiskussionen über die neue Wandfarbe, entschloss man sich zur Neustrukturierung. Nicht nur, weil das Resultat erschreckend war: "Ein gruseliges Badezimmergrün klebte an der Wand", erinnert sich Irene Bartelmes. Mittlerweile leiten fünf Geschäftsführer die Geschicke, die Mutter eines neunjährigen Sohnes ist eine von ihnen. Hinzu kommen 40, meist studentische Aushilfen. Astarix ohne angehende Akademiker? Unvorstellbar. Um diesen Studi-Stempel - vor allem im Sommerloch der Semesterferien - etwas auszugleichen, wurde im Laufe der Zeit die Zielgruppe erweitert. Ganztägig geöffnete Küche und Tischbedienung ziehen hungrige Stadtverwalter und Theaterleute aus der Nachbarschaft an. Auch Familien schätzen zunehmend das moderate Preisniveau. "Die anderen fahren halt Porsche und wir einen zwölfjährigen Passat", erklärt Irene Bartelmes augenzwinkernd die Kalkulation.Amokläufer in vollbesetzter Kneipe

Auch weniger lustige Zeiten hat sie hinter der Theke erlebt und erzählt von einem Mann, der im voll besetzten Laden plötzlich mit einer Pistole herumfuchtelte. "Wir haben um unser Leben gezapft, um Panik zu verhindern." Als die Polizei den Amokläufer nach einer knappen Stunde (sie mussten erst in Zivilkluft schlüpfen) dingfest machen konnte, kam die Entwarnung: Er hatte lediglich eine Schreckschusspistole dabei gehabt. Generell habe sich das Kneipenleben verändert. Früher türmte sich manchmal die reinste Geisterbahn am Tresen. Mancher Kneipenbesucher "ertrank” sich ein Lokalverbot. Aber auch das politische Leben kam nicht zu kurz. Regelmäßig trafen sich die Anti-Akw-Bewegung oder das Frauencafé. Heute seien die Gäste viel "normaler”, abgesehen von einigen Stammgästen. Genormt wirkt das Publikum auf der Fete nicht. Neben Knirpsen tanzen Vertreter der 69er-Generation. Pärchen greifen ebenso zum Glas wie Cliquen. Statt legendärer Zettelwirtschaft, die schon virtuose Pizza- oder Auflauf-Kreationen hervorgebracht hat, regiert der Zufall. Was der Pizza-Flitzer bringt, wird genommen, schließlich ist es ein Geschenk. Bis halb zwölf sind 200 Teigscheiben vertilgt, die Party geht weiter. Gut, dass alle Nachbarn eingeladen wurden. Und die Zukunft? 2005 läuft der Pachtvertrag mit der Brauerei aus. "Doch es klingt sehr positiv" verrät Irene Bartelmes. Die nächsten Fässer Freibier warten auf 50 Jahre Astarix.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort