Warum Maria ein ganz blasses Gesicht hat

Spannende Vermittlung von Kunstgeschichte im Kinosaal ist Inhalt der neuen Reihe "Kleine Kunstdetektive", die das Kinokulturzentrum Broadway zusammen mit dem Trierer Kunsthistoriker Michael Friedrich einmal monatlich Kindern von sechs bis zwölf Jahren anbietet. Die Auftaktveranstaltung und die Betrachtung von Weihnachtsdarstellungen packte und begeisterte die Teilnehmer.

Trier. (ae) "Die Maria hat ein blasses Gesicht auf dem Bild. So sahen doch früher Prinzessinnen aus." Die Beobachtung eines Mädchens, das vom gemütlichen Kinosessel aus eine auf die Kinoleinwand projizierte Krippendarstellung von Hans Memling (geb. 1435) betrachtet, trifft genau ins Schwarze: "Das hast du toll erkannt, der Maler will uns zeigen, dass Maria königlich ist", bestätigt Michael Friedrich und hat die Qual der Wahl, auf welchen der vielen in die Luft gereckten Arme er jetzt reagieren soll. Eifriger als erwartet ist die etwa zehnköpfige Pioniergruppe der neuen Reihe "Kunstdetektive" bei der Sache und hat offensichtlich großen Spaß an der Spurensuche in Sachen Kunstgeschichte.

Vor dem Memling-Gemälde hat ihnen Michael Friedrich, der dank seines mitreißenden und allgemeinverständlichen Vortragsstils weit über Trier hinaus als Referent gefragt ist, schon mehrere mittelalterliche Weihnachtsdarstellungen gezeigt. "Was seht ihr?" war dabei die Ausgangsfrage - geschickt gestellt, weil sie jede Antwort zulässt, kein Vorwissen voraussetzt und am Ehrgeiz rüttelt, selbst etwas womöglich Bedeutendes zu entdecken. Das greift sofort, die Kinder beobachten unbefangen und äußern spontan, was ihnen auffällt. Friedrich nimmt alles ernst, lobt, wenn seine Detektive Wesentliches erkannt haben - was die Regel ist - und spornt dadurch zur Aufnahme neuer Fährten an. Ganz nebenbei vermittelt er Wissen: Dass man es Bedeutungsperspektive nennt, wenn Figuren in Relation zu groß oder klein dargestellt sind oder mit welchen Symbolen Künstler zeigten, dass Josef nicht der leibliche Vater Jesus war.

Nächste Veranstaltung: 24. Januar



Den Kindern ist die Stunde zu kurz, sie wollen nicht aufhören. Da ist es ein Trost, dass ihnen Karin Besel vom VRT Gruppentickets, Detektivblock und Stift für weitere Entdeckertouren schenkt. Leuchtende Augen am Schluss bestätigen die dem Konzept "Kunstdetektive" zugrunde liegende Annahme, Kinder schon früh für Kunstbetrachtung einnehmen und sensibilisieren zu können. Michael Friedrich, der es gemeinsam mit den Betreibern des Broadway, Dirk Ziesenhenne und Katrin Hertel, entwickelt hat, sagt: "Wer früh unbefangen und mit Spaß an Kunstbetrachtung herangeht, wird das auch später tun." Katrin Hertel möchte die Reihe "Kunstdetektive" künftig auch auf die Betrachtung von Kunstdenkmälern in Trier, gerne in Kooperation mit Grundschulen ausdehnen.

Die "Kunstdetektive" treffen sich das nächste Mal am Freitag, 24. Januar, um 18 Uhr im Broadway-Kino, den Teilnehmern winkt auch hier ein VRT Gruppenticket. Infos: Telefon 0651/141122 (ab 14 Uhr); www.broadway-trier.de

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