Wie die Bahn auf die Schrankenprobleme in Trier reagiert: Gar nicht

Trier. · Kleine Störung, große Wirkung, viel Ärger: Die Bahnschranke Kölner Straße schließt sich und geht nicht mehr auf, so wie am späten Mittwochabend und auch gestern Nachmittag. Dann erstarrt der Verkehr im Stau. Die Sichtweise der Bahn wird vielen Fahrern nicht gefallen.

 In der Aachener Straße in Trier-West staut sich der Verkehr vor einer geschlossenen Bahnschranke, die sich nicht mehr öffnet. TV-Foto: Archiv/Frank Göbel

In der Aachener Straße in Trier-West staut sich der Verkehr vor einer geschlossenen Bahnschranke, die sich nicht mehr öffnet. TV-Foto: Archiv/Frank Göbel


Mitten im Berufsverkehr dreht sich in der Aachener Straße kein Rad mehr. Stoßstange an Stoßstange warten die Fahrer darauf, dass sich die Bahnschranke an der Kreuzung Martinerfeld und Kölner Straße wieder öffnet. Das tut sie aber nicht. Die Staus in alle Richtungen werden immer länger, der Zorn der Fahrer immer größer. Die Schranke bleibt unbeeindruckt und bewegt sich keinen Millimeter.

Die Folgen sind gravierend. Die Aachener Straße wird gesperrt, die Polizei muss den Verkehr regeln, die Bahn leitet Züge um. Ein Techniker rückt schließlich an und behebt die Störung, der Verkehr rollt wieder, die betroffenen Fahrer verarbeiten allmählich ihren Zorn. Bis dieselbe Panne wieder geschieht.

Die Bahnschranke an der Kreuzung Martinerfeld und Kölner Straße hat in den letzten Monaten öfter Schwierigkeiten gemacht. Am 19. April, 11. Mai und 15. Juli hat sie den Nachmittagsverkehr lahmgelegt (der TV berichtete mehrmals), dazu kommen zwischen Januar und April fünf weitere von der Bahn eingeräumte Fälle.

Die beiden jüngsten Pannen mit der Schranke spielten sich am späten Mittwochabend um 21.20 Uhr und gestern Nachmittag im beginnenden Berufsverkehr ab. Am Mittwoch blieb die Schranke 18 Minuten lang zu, ein Techniker rückte an. Aufgrund der späten Stunde gab es keine langen Staus. Anders gestern Nachmittag: Laut Augenzeugen staute sich der Verkehr bis zur Römerbrücke. "Die Schranke ging auch nur teilweise auf", sagt ein Betroffener.

Der TV bat die Bahn mehrmals um Erklärungen. Was löst diese Störungen aus? Wie können sie in Zukunft verhindert werden? Nachvollziehbare und zufriedenstellende Antworten gibt es jedoch bis heute nicht.

Das für Trier zuständige Regionalbüro der Deutschen Bahn AG sitzt in Frankfurt/Main und ist verantwortlich für alle Fälle in Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland. Dort antwortet Sprecherin Regina Marusczyk im Mai zum ersten Mal auf TV-Anfragen zum Trierer Schrankenproblem.

"Der Bahnübergang befindet sich in einem technisch sicheren Zustand und funktioniert einwandfrei", schreibt die Bahn-Sprecherin am 18. Mai - eine Woche nach der Störung am 11. Mai. Zu diesem Zeitpunkt waren laut ihrer Aussage bereits fünf Störungen der Schranke für 2016 dokumentiert. Doch Marusczyk hat gute Nachrichten: "Da es sich um unterschiedliche Störungen handelt, ist nicht zwingend davon auszugehen, dass diese wieder auftreten." Dennoch geschieht genau das.

Auf Nachfrage der Redaktion erklärt die Sprecherin: "Zur technischen Analyse der Störungen können wir noch keine Angaben machen. Sobald die Untersuchungen unserer Fachleute abgeschlossen sind, kann ich Sie gerne informieren." Eine solche Info trifft nie ein.

Als sich die Schranke am 15. Juli wieder einmal schließt und nicht mehr aufgeht, kontaktiert der TV ein weiteres Mal das Regionalbüro der Bahn in Frankfurt. Ist die Analyse der Fachleute abgeschlossen? Was wird die Bahn jetzt tun?
Regina Marusczyk nimmt die Fragen am Telefon entgegen und reagiert mit dieser Ansage: "Es gibt aus unserer Sicht keinen aktuellen Handlungsbedarf. Die mehrfachen Störungen wurden behoben, der Bahnübergang funktioniert."

Technik sei nun einmal anfällig für Störungen. Diese Störungen seien erledigt worden, weitere Analysen oder Optimierungen gebe es nicht. Auch von den "Untersuchungen unserer Fachleute", im Mai noch ein ernstes Argument, ist jetzt keine Rede mehr. Es folgt der finale Satz: "Dieses Thema ist für uns erledigt." Fünf Tage später ist die Schranke wieder defekt.

Das sagt die Polizei
Die Bundespolizei sorgt auf Bahnhöfen und Gleisen der Deutschen Bahn für Sicherheit und Ordnung. Deshalb wird sie auch bei technischen Pannen alarmiert, sobald diese den Verkehr beeinträchtigen - so wie mehrfach in Trier geschehen. Die Pannenschranke in Trier-West sorgte schon für intensive Appelle der Bundespolizei an die Bahn. Genutzt hat es bisher nichts.

"Offensichtlich bekommt die Bahn die Lage nicht in den Griff", sagt Rudolf Höser, Sprecher der Bundespolizei in Trier. "Schon nach den ersten gravierenden Vorfällen haben wir sie in die Pflicht genommen und mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass diese Pannen abgestellt werden müssen."

Höser bestätigt, dass eine sich nicht mehr öffnende Schranke sowohl ein massives Verkehrshindernis als auch eine Gefahrenstelle ist. "Auch wenn der Ärger noch so groß ist, darf eine geschlossene Schranke unter absolut keinen Umständen umfahren oder umgangen werden", betont er. "Wir bitten deshalb alle Betroffenen, in solchen Fällen die Nerven zu behalten."

Doch auch die Bundespolizei kann die Bahn nicht zu einer wirksamen Pannenprävention verpflichten. Höser lässt seine Irritation jedoch deutlich erkennen. "Ich kann diese Haltung der Bahn nicht nachvollziehen", sagt er. "Das Problem in Trier besteht offensichtlich weiterhin, muss aber dringend behoben werden."

Der Kommentar: Neue Dimension der Arroganz
Von Jörg Pistorius
Unglaubliche Geschichten über das absurde Serviceverständnis der Bahn sind schon lange keine Skandale mehr, sondern Alltag. Verspätungen, Ausfälle, kaputte Klimaanlagen, Züge ohne Toilette - die Bahn lässt ihre Kunden alle personellen und technischen Engpässe ausbaden. Das tut sie mit einer unglaublichen Arroganz.

Doch die defekten Schranken zeigen eine völlig neue Dimension dieser Arroganz. Nachdem eine solche Schranke mehrmals den Nachmittagsverkehr erheblich gestört hat, nachdem eine Straße gesperrt und Züge umgeleitet werden mussten, nachdem eine riesige Masse an Autofahrern im Stau schwitzte, heißt es tatsächlich: "Das Thema ist für uns erledigt." Mit anderen Worten: Dann geht die Schranke eben nicht mehr auf. Stellt euch mal nicht so an.

Die Bahn muss für jedes von ihren defekten Schranken verursachte Verkehrschaos zur Rechenschaft gezogen werden. Pannen wie diese verursachen außerdem nicht nur Staus, sondern konkrete Gefahren, denn manchmal überquert einer der Wartenden die Gleise auch bei geschlossener Schranke. Das bedeutet Lebensgefahr.
j.pistorius@volksfreund.de

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