Wie nach dem Krieg

TRIER. Seit viereinhalb Jahren ärgert eine städtische Brandruine die Anwohner im Stadtteil Trier-West. Trotz anderweitiger Versprechungen wurde bisher weder abgerissen noch saniert. Nachdem die Bürger Druck gemacht haben, kommt nun Bewegung in die Dauer-Baustelle.

"Kuck mal, die Bruchbude", sagt das kleine Mädchen, das gerade aus dem Kindergarten kommt. Fünf Jahre dürfte die Kleine alt sein, und sie kann das Haus Am Irminenwingert 7 noch nie in einem anderen Zustand gesehen haben als heute: Abgebranntes Dach, offenes Obergeschoss, der Kühlschrank und die Weihnachtsdeko trollen noch herum, als sei der Besitzer gerade erst ausgezogen. Dabei wachsen längst Bäume und Sträucher aus dem verkokelten Gebälk, kein Wunder, denn der Ruinen-Zustand besteht seit dem Frühjahr 2000. Damals flog das Dach förmlich in die Luft, nach einer "explosionsartigen Entzündung", wie der TV berichtete. Die Feuerwehr stellte fest, das städtische Gebäude sei "unbewohnbar". Seither hat sich nichts Substanzielles mehr getan. Jedenfalls nichts, was den Anwohnern ins Auge gefallen wäre. Der Kontrast zu den schmucken Häuschen gleich gegenüber am Fuß des Markusbergs könnte kaum größer sein. Dort sind die Vorgärten gepflegt, die Hecken wie mit dem Rasiermesser geschnitten. Aber der Blick auf die Dauer-Ruine versaut so manchem den Ausblick. "Wir werden seit Jahren von der Stadt hingehalten", ärgert sich Nachbarin Linde Andersen. Dabei haben die Bürger einiges getan, um ihr Wohnviertel aufzupeppen, die Caritas hat ein Projekt gestartet, "echt erfolgreich", wie die 60-Jährige versichert. Die Ruine zieht alles runter. "Wir haben immer gedrängt, dass was passiert", sagt Alt-Ortsvorsteher Helmut Kress, "aber im Rathaus ging nix". So will man das am Augustinerhof nicht stehen lassen. Zweimal, 2001 und 2003, habe man das Haus erfolglos zum Verkauf ausgeschrieben, teilt das Presseamt mit. Man wollte offenkundig die Abrisskosten von geschätzten 71 000 Euro vermeiden. Im November 2004 sei dann endgültig entschieden worden, abzureißen. Kurz danach teilte OB Schröer auf Anfrage mit, der Abriss stehe unmittelbar bevor.Geld aus der Versicherung längst kassiert

Warum dann trotzdem nichts passierte, erklärt die Stadt im nachhinein mit dem Versuch des Bauamtes, "mehrere Abbruchmaßnahmen zu bündeln, um sie kostengünstiger umsetzen zu können". Wie lange man die Anwohner warten lassen wollte, bis genug Ruinen zusammengekommen wären, lässt sich allenfalls vermuten. Das Geld aus der Brandversicherung hatte die Stadt längst kassiert. Offenkundig wurde es dann doch einigen im Stadtvorstand zu bunt. Er "beklage" die Säumigkeit des zuständiges Fachamts, teilte ein sichtlich angesäuerter Sozialdezernent Bernarding Anfang November sogar schriftlich mit. Und auch der OB zeigte sich dem Vernehmen nach "not amused" über die Dietze-Truppe. Und plötzlich ging es dann doch: Man "verzichte nunmehr auf die Bündelung", heißt es beim Presseamt auf TV-Anfrage, eine Ausschreibung erfolge "am 15. November", der Abbruch werde "noch in 2005 realisiert". Schön für die Anwohner. Um die Ecke rum, in der Gneisenaustraße, liegt übrigens die nächste städtische Brand-Wunde - seit Januar 2003. Die Bürger warten gespannt, wie es dort weitergeht.

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