Wilhelms wilde Welt

"Meine Damen und Herren" ist in diesem Fall nicht eine Anrede, sondern eine Theatertruppe. Die behinderten und nichtbehinderten Schauspieler aus Hamburg haben in der Tuchfabrik mit "Traumgedusel" ein farbenprächtiges Feuerwerk der Schauspielkunst und -freude entfacht.

 Ein herrliches „Traumgedusel“ quer durch die Geschichten und Gedichte von Wilhelm Busch haben die behinderten und nichtbehinderten Schauspieler des Ensembles „Meine Damen und Herren“ in der Tufa veranstaltet. TV-Foto: Dorothee Quaré

Ein herrliches „Traumgedusel“ quer durch die Geschichten und Gedichte von Wilhelm Busch haben die behinderten und nichtbehinderten Schauspieler des Ensembles „Meine Damen und Herren“ in der Tufa veranstaltet. TV-Foto: Dorothee Quaré

Trier. (DQ) Dahingefläzt liegt der magere Poet auf seinem Sessel und schnarcht leise vor sich hin. Für die kommende Stunde gelingt es auch nicht wirklich, ihn wachzubekommen. Doch Wilhelm Buschs Phantasiegestalten führen ihr munter-buntes Eigenleben, mehr und mehr von ihnen wuseln ganz nach Laune über die Bühne. Da sind der Dichter Balduin Bählamm und der Maler Kuno Klecksel, beide Streithähne mit nicht unerheblichem Ego ausgestattet: Wer ist die wahre Verkörperung des Niedersachsener Zeichners und Dichters? Da sind die singende zopfbekrönte Muse, die fromme Helene und der Schneider Böck, natürlich darf auch das dreiste Duo Max und Moritz nicht fehlen.

Bald wird auf der Bühne des großen Saals der Tufa lebhaft durcheinander getanzt, gefegt, gezetert und getrunken. Wer erinnert sich nicht an die Streiche von Max und Moritz, "gar nicht träge, sägen heimlich mit der Säge, ritze-ratze! voller Tücke, in die Brücke eine Lücke"? Begleitet von den Musikern Annika Krump (als Muse), Jojo Büld und Thomas Cold hat Schneider "Ziegen-Böck" das Nachsehen, wird die "fromme Helene" Opfer ihrer unfrommen Anwandlungen. Zum Entzücken der Zuschauer geht der Junggeselle Tobias Knopp auf Brautschau, tanzen die hochprozentigen Pullen um die Wette. Zu guter Letzt wacht der Dichter endlich auf, nur um trocken zu äußern: "Der Ruhm, wie alle Schwindelware, hält selten über tausend Jahre. Zumeist vergeht schon etwas eh'r die Haltbarkeit und die Kulör."

Martina Vermaaten hat mit den Schauspielern von "Meine Damen und Herren" ein surreal-heiteres "Traumgedusel" quer durch beliebte Geschichten und Gedichte von Wilhelm Busch inszeniert. Die Darsteller agieren mit solcher Spielfreude und Spontaneität, dass sie weitaus mehr als einen halbvollen großen Saal verdient hätten.

Die anwesenden Zuschauer sind begeistert: "Das kommt aus dem Herzen und trifft genau ins Herz", sagt Bruno Plum aus Konz: "Das ist Theater ohne Filter!" Tommy Kappes ist aus Graach angereist. "Ich sehe sie bereits zum fünften Mal", berichtet er und gesteht: "Busch habe ich immer für ziemlich verstaubt gehalten. Es ist aber sehr erfrischend, wie die das machen, das macht denen einen Heidenspaß!" Und auch Edith Heinz sagt: "Ich sehe diese Truppe zum dritten Mal. Es war für mich ein Muss herzukommen. Die sind einfach umwerfend!"

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