Wortgefecht und Friedensschluss

Zu einem Städte-Leseduell hat der Trierer Autor Frank Jöricke den ersten zweifachen Sieger der deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften Marc Uwe Kling aus Berlin herausgefordert. Aus der Veranstaltung in der Produktion ging nach überraschender Wendung ein eindeutiger Sieger hervor: das Publikum.

Trier. (ae) Sich als Lokalmatador mit dem bundesweiten Poetry-Slam-Sieger Marc Uwe Kling in einem Leseduell messen zu wollen, war mutig von Frank Jöricke (TV-Fotos: Anke Emmerling). Doch angesichts der ironischen Wortgewalt, die der Trierer Werbetexter in seinem Debütroman "Mein liebestoller Onkel, mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage" unter Beweis gestellt hat, durfte man auf den Ausgang der Begegnung durchaus gespannt sein. Spannend eingefädelt war sie jedenfalls, mit der Musik "Eye of the Tiger", einer boxkampftauglichen Moderation von Peter Stablo und einer Publikumsjury, die sich rüstete, den Kontrahenten für jede der vier Lese-Runden ein Punktezeugnis zu geben.Schon in der ersten Runde war klar, dass hier zwei Welten aufeinanderprallten. Jöricke zeigte sich mit einem mit feiner Ironie gewürzten Artikel über Guildo Horn zwar als Meister des präzise gedrechselten Sprachgebrauchs, der aber nur bedingt bühnentauglich ist. Kling hingegen erwies sich mit der urkomischen Geschichte eines Besuchs im Dunkelrestaurant mit Känguru als mitreißender Entertainer. In der zweiten Runde ging Jöricke mit einer unterhaltsamen Sex-Episode aus seinem Roman in die Offensive, aber wieder räumte Kling ab. Diesmal mit einem von Gesten illustrierten Gedicht, das die mythologischen Figuren Herakles und Hydra aufs Originellste mit aktuellen Anspielungen verband. Weil zur Halbzeit eigentlich schon alles klar war, kam Kling mit dem Angebot, das Duell zu beenden und fortan nur noch aus Spaß zu lesen. Das Publikum freute sich, Stablo kommentierte "pazifistische Unterwanderung" und Jöricke stellte mit echter Größe fest: "Er ist Techno, ich halt Chill-out". Ohne den Duell-Druck liefen beide zu Höchstform auf. Jöricke wurde lockerer in seinem Vortrag und brillierte mit der atmosphärisch dichten Beschreibung eines Disco-Erlebnisses einer Verwandten. Kling zog alle Register witzigen, mit Tiefsinn und politischen Anspielungen gespickten Kabaretts. Dafür gab es zum Schluss den "ersten Trierer Friedenspreis" in Form einer Souvenir-Porta-Nigra und begeisterten Applaus vom Publikum.

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