Zwei enthauptete Römer in einem Sarg

Drei Jahre lang haben Landesmuseums-Archäologen im Vorfeld der Klinik-Erweiterung auf dem Gelände des Mutterhauses gegraben. Den großen Überraschungsfund machten sie kurz vor dem Abschluss: ein spätantikes Doppelgrab mit zwei enthaupteten Männern.

Trier. Hand in Hand einträchtig nebeneinander - es sah auf den ersten Blick so aus, als handele es sich bei den beiden Skeletten um ein friedlich entschlafenes Ehepaar. Doch die scheinbare Idylle trog nur kurz. "Mir kam das gleich seltsam vor: Bei einem der Skelette lag der Schädel etwas verlagert neben der Wirbelsäule", berichtet Sabine Faust (52), die gemeinsam mit Bruno Kremer die Grabungen auf dem Mutterhaus-Gelände leitete. Der gleich hinzugezogene Knochen-Spezialist Wolf-Rüdiger Teegen (47) hatte noch eine weitere Überraschung parat: "Das sind zwei Männer, und beide wurden enthauptet."

Teegens Blitzdiagnose hat ihre Bestätigung in aufwendigen Untersuchungen gefunden. Eine im Leibniz-Laboratorium der Uni Kiel vorgenommene C14-Datierung (archäologische Altersbestimmung, die auf dem radioaktiven Zerfall eines Kohlenstoff-Isotops beruht) ergab einen Todeszeitpunkt, der zwischen 327 und 427 n. Chr. liegt.

Privatdozent Teegen selbst unterzog im vergangenen Frühjahr die beiden Skelette einer anthropologisch-paläopathologischen Untersuchung. Der eine Mann wurde etwa 45 bis 55 Jahre alt, der andere etwa 60 bis 65 - bis sie gemeinsam hingerichtet wurden. Teegen: "Beide wurden wohl mit einem Schwert enthauptet. Bei dem Jüngeren erfolgte eine vollständige Durchtrennung der Wirbelsäule, wobei der Hieb im linken Unterkiefer-Winkel endete - ein eindeutiger Beleg dafür, dass das Schwert von hinten geführt wurde." Bei dem älteren sei der Hieb im fünften Halswirbelkörper stecken geblieben. Wie Teegen weiter feststellte, dürften die beiden um die 1,72 Meter großen und möglicherweise miteinander verwandten Männer der Oberschicht angehört haben, denn zur Normalbevölkerung wiesen sie viele Unterschiede auf.

Anspruch auf schnellen Tod



So etwa die Todesart. Die qualvolle Tortur etwa von Kreuzigungen blieb höher Gestellten in aller Regel erspart - sie hatten Anspruch auf einen schnellen Tod. Zudem waren beide wohlgenährt, gesund und hatten keine schweren körperlichen Arbeiten verrichten müssen. Ihre Leichname wurden sorgfältig bestattet. "Man kann sogar sagen: liebevoll im schicken Garten beigesetzt", meint Faust. Als gemeinsamer Sarg diente eine vernagelte große Holzkiste, von der aber nur noch die Nägel übrig geblieben sind.

Erkenntnisse, die viele weitere Fragen aufwerfen. Als die beiden starben, war Trier noch römisch. Und innerhalb der Stadtmauern wie beim Mutterhaus-Areal waren Bestattungen streng verboten. Dass Angehörige "ihre" Toten klammheimlich beigesetzt haben, schließt Faust aus: "Leichen Hingerichteter gehören dem Staat. Um eine Freigabe müssen Angehörige sich schon sehr bemühen."

Dass die Beerdigung entgegen allen Vorschriften mitten in der Stadt erfolgte, spricht für die Zeit um das Jahr 400, als es rapide bergab zu gehen begann mit Trier, das nun nicht mehr Kaiserstadt war, aber immer öfter von Germanen heimgesucht wurde. Getötet sein dürften sie aber von römischer Hand: "Da war ein Hinrichtungs-Profi am Werk. Da genügte jeweils ein einziger Hieb, um ins Jenseits zu befördern. Germanen pflegten da brachialer und mit Streitaxt vorzugehen", weiß Sabine Faust. Warum sie sterben mussten, bleibt offen.

Über die Enthaupteten und ihr ungewöhnliches Doppelgrab berichtet Wolf-Rüdiger Teegen am Donnerstag, 11. Dezember, um 20 Uhr im Vortragssaal des Rheinischen Landesmuseums (Weimarer Allee 1). Der Eintritt zu dieser Veranstaltung der Gesellschaft für nützliche Forschungen ist frei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort