So etwas wäre früher unmöglich gewesen. Die Kleidung, das Halsband mit den Nieten, zerzaustes Haar, geschminkt und mit stolzer Kopfhaltung, die den Hals mit dem Nietenband preisgibt. Und das als Mädchen. In den nächsten Tagen verschwindet sie von den Plakatwänden, macht rauchenden Cowboys oder biertrinkenden Sonnenanbetern Platz. Doch der Satz auf dem Plakat geht mir noch nach: "Der Mensch sieht auf das Äußere, Gott aber sieht auf das Herz." Das Äußere ist mir schon wichtig und manchmal entscheidet es ganz schnell über den weiteren Verlauf einer Begegnung. Auch wenn ich nicht zu jenen gehöre, die offen sagen: "Menschen, die so aussehen, sind ...", so bin ich nicht ganz frei von Erfahrungen aber auch Vorurteilen. Dabei haben meine Frau und ich eigene leidvolle Erfahrungen mit Vorurteilen machen müssen, als wir aus dienstlichen Gründen in einem sozialen Brennpunkt an der deutsch-französischen Grenze lebten. Allein die Anschrift genügte, um in eine Schublade zu geraten: "Ware nur gegen Vorkasse, die Kinder sicher mangelernährt und misshandelt." Weil wir auch gute Erfahrungen mit den dort lebenden Menschen gemacht haben, empfinden wir es bis heute als ungerecht, Menschen nur nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Manche der damals entstandenen Kontakte leben bis heute fort. Es lohnt sich, hinter die Fassade zu schauen und den Menschen zu entdecken. Das Sprichtwort sagt: Kleider machen Leute. Doch der Mensch ist nicht allein das, was sein Äußeres vermuten lässt. "Der Mensch sieht auf das Äußere, Gott aber sieht auf das Herz." Der Satz des Plakates aus einer Serie von Plakaten des Bistums Trier zum Jahr mit der Bibel stammt aus einer Geschichte des Alten Testamentes. Ein König, Saul, ist gestürzt. Gott lässt Samuel einen neuen König suchen. Samuel lernt dabei, dass nicht der Größte aus der Familie des Isai König wird, sondern der Kleinste, nämlich David. Der schicke Schein tut´s nicht - auf Kopf, Herz und Seele kommt es an. Eine Ermutigung für alle Menschen, die beim Blick in den Spiegel fragen: "Wer bin ich schon in dieser Welt?" und eine Ermahnung an alle, die andere nur vom Äußeren her beurteilen. Gott misst und urteilt nach ganz anderen Maßstäben als wir Menschen. Ihm bleibt das Innerste des Menschen nicht verborgen. Gott sei dank! Christoph Pistorius Superintendent pistorius.trier@ekkt.de