Formen des Kreuzes

In den vergangenen Tagen haben wir das Fest Kreuzerhöhung gefeiert. Mit den Senioren unserer Pfarrei haben wir die Kreuzkirche in Leutesdorf besucht. Dem Kreuz begegnen wir tagtäglich. In unseren Wohnungen, in Kirchen, auf Straßen und Plätzen.

Doch dieses vertraute Zeichen entdecken wir auch in unserem eigenen Leben, und dort kann das Kreuz ganz verschiedene Namen haben. Eine unheilbare Krankheit, Eheprobleme, ein ungeliebter Beruf, Beschwernis des Alters, Einsamkeit, Abhängigkeiten, zerbrochene Beziehungen, das Kreuz der Arbeitslosigkeit. Die Erfahrung des Kreuzes gibt es in jedem Menschenleben. Die Zeit des Aushaltens, dann aber auch die Hoffnung auf eine Verbesserung meiner Situation, dauern an. Eine solch beschwerliche, harte Zeit kann nach außen hin ganz still verlaufen, im Inneren aber spielen sich oft bittere Szenen ab. In solchen Situationen sind wir auf das Weggeleit von Mitmenschen angewiesen, die uns Hoffnung machen und die auch auf dieser Leidensstrecke zu uns halten. Solche Menschen standen auch am Kreuzweg Jesu: Josef von Arimathäa, Veronika, die Mutter und der Jünger, die bei Jesus ausharren und bei ihm bleiben. Und mir geht auf, wie viele es sind, die nicht zuletzt um des Glaubens an Jesus Christus willen - so für andere da sind. Das Innehalten in einer schweren Zeit macht sehend. Oft verstehe ich erst im Zurückschauen auf solche Wegstrecken, was an Stütze und Halt mir in dieser Zeit geschenkt worden ist. Versöhnung auch mit diesen dunklen Abschnitten meines Lebensweges kann dann leichter gelingen. Dankbarkeit kann sich einstellen und daraus eine neue Perspektive erwachen. Bei der Verehrung des Kreuzes erkennen wir nämlich, wie der Mensch ist und wie Gott ist: wehrlos, wenn er liebt, stark, wenn er verzeiht, helfend, wenn er sich gibt.

Edwin Prim ist Pfarrer in Schweich

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