Mistelextrakte

Immer häufiger wird von Tumorpatienten der Wunsch nach alternativen Therapiemethoden geäußert. In diesem Zusammenhang verdienen Mistelextrakte aufgrund ihres Verschreibungsvolumens besondere Beachtung.

Die Zulassung erfolgte im Rahmen der gesetzlichen Sonderregelung der Besonderen Therapierichtungen nach wesentlich erleichterten Bedingungen im Vergleich zum normalen Verfahren. Aufgrund "dogmatischer Deduktion aus spekulativer Metaphysik"ist die Mistel vom Begründer der anthroposophischen Medizin Rudolf Steiner zum Krebsheilmittel erklärt worden. Wissenschaftliche Beweise für eine Anti-Tumorwirkung der Mistelpräparate liegen nicht vor, die Qualität der bisher veröffentlichten Berichte leidet unter gravierenden Mängeln. Neue Studien scheinen auf eine Verbesserung der Lebensqualität bei Gabe von Mistel unter Chemotherapie hinzudeuten. Relativiert wird dies durch Beobachtungen einer Wachstumsstimulation von 20 bis 40 Prozent der Tumorzellreihen in der Zellkultur (Darmkarzinom, Eierstockkarzinom, bösartige Blutkrankheiten u.a.) durch Mistellektine, die wirksamen Bestandteile des Mistelextraktes. Aufgrund der Datenlage wurden schon seitens der Herstellerfirmen alle bösartigen Bluterkrankungen von der Anwendung der immunmodulierenden Misteltherapie ausgeschlossen. Zusammenfassend bleibt folgendes zu sagen: Wissenschaftlich betrachtet gehören Mistelpräparate zu den Krebsbehandlungsmethoden ohne nachgewiesene Wirkung. Es besteht im Gegenteil ein gewisses Risiko einer Stimulation des Tumorwachstums. Die Präparate sollten daher nur bei Fehlen anderer Therapiealternativen, individuell und nur nach ausführlicher Patientenaufklärung zum Einsatz kommen. Zum 1. Januar 2004 wurden Mistelpräparate aus der Rezeptpflicht herausgenommen, seit 1. April werden die Kosten wieder von den Krankenkassen übernommen. Weitere Informationen: www.med.uni-muenchen.de/TZMuenchen. Dr. med. H.-P. Laubenstein Facharzt Hämatologie und internistische Onkologie

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