Selig die Barmherzigen

Schon sechs Jahre nach ihrem Tod wurde Mutter Teresa selig gesprochen. Zu ihren Lebzeiten hat man sie als "lebende Heilige" bezeichnet - in aller Öffentlichkeit, auch in ihrem Beisein. Sie war eine faszinierende Frau, für mich und ungezählte andere.

Nicht nur für Christen, sondern gerade auch für Mitglieder anderer Religionen. Sie gründete den Orden "Missionare der Nächstenliebe" und gab damit eine Antwort auf die extreme Armut in den Slums von Kal-kutta. Der Orden, dem sie vorher angehörte und andere Orden in Indien, waren nach ihrer Überzeugung nicht imstande, radikal genug auf dieses Elend zu reagieren. Das sollten ihre Schwestern tun. Nur eine verschwindende Minderheit der Armen und Kranken, denen sie ein Dach über dem Kopf und drei Mahlzeiten am Tag gab, die sie verband und pflegte, waren Christen. Die meisten waren Hindus und Mus-lime, die die Nächstenliebe im Sinn des Christentums nicht kennen. Der Hinduismus betont die tätige Liebe zur Familie, zum Guru und zu Pilgern, ferner eine allgemeine kontemplative Liebe zu allen Geschöpfen. Die Verpflichtung, den jeweils Nächsten, wer es auch sein mag, zu lieben, kennt nur das Christentum. Mutter Teresa wollte tun, was Jesus will. Darum ging sie auf die Straßen, hob die Sterbenskranken auf, ließ sich die ausgesetzten Neugeborenen und die Leprakranken bringen. Ihnen gab sie in ihren einfach eingerichteten Häusern die Verpflegung, die grundlegend notwendig war. Deswegen hat sie heftige Kritik erfahren. Ihr wurde vorgehalten, jeder Kranke habe das Recht auf beste medizinische Versorgung. Darauf Mutter Teresa: "Solange ich eine solche Versorgung nicht allen geben kann, tue ich eben das Mögliche." Wir dürfen sie eine Heilige nennen, die Menschen in aller Welt fasziniert hat, vor allem auch Hindus und Muslime. Ihr Erbe blüht. Nach ihrem Tod wächst und wirkt ihr Orden weiter. In Kalkutta wird die wichtigste Geschäftsstraße nach ihr benannt. Mutter Teresa ist eine konsequente Nachfolgerin Jesu, eine Heilige der Barmherzigkeit, über die wir uns freuen dürfen, gerade auch an diesem Fest Allerheiligen. Wir sollten uns persönlich aber auch die Frage stellen. ob wir ernsthaft den Weg der Nachfolge Jesu zu gehen suchen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort