Unseriöse Boulevardisierung

Zu den Artikeln "Hindenburg soll verschwinden" und "Dem Linze Paul ein Gymnasium" vom 16./17. Februar:

Mit dem Bericht und der erneuten Diskussionsaufforderung erreichte die Berichterstattung über dieses wichtige Thema ihren absoluten Tiefstand. Meine Kritik gegen diese unseriöse, offenkundige Boulevardisierung der Thematik rührt keineswegs aus einer persönlichen Verärgerung darüber, mit welcher Dreistigkeit der Autor unautorisiert und ohne Rücksprache mein soeben publiziertes (und der HGT-Konferenz unmittelbar vor seiner Entscheidung am vergangenen Donnerstag vorgelegtes) "Experten-Essay" zitiert hat, in dem ich die Benennung des HGT 1917 im Zusammenhang mit dem Hindenburg-"Mythos" anhand zeitgenössischer Dokumente erörtert und die beinahe 50-jährige Diskussion über diese Benennung über alle Etappen zurückverfolgt habe.Die Kritik richtet sich gegen die offenkundige Unkenntnis der Diskussion am Hindenburg-Gymnasium selbst. Dort hatte der Direktor Karl Zengerle bereits 1959 gewarnt, die Benennungsdiskussion für "konjunkturpolitische" Strategien zu missbrauchen. Das Gymnasium sollte daher nicht wie in den zurückliegenden undemokratischen Epochen der deutschen Geschichte nach einem Namenspatron benannt werden, sondern durch eine geeignete Neubenennung eine allgemein verbindliche Bildungsidee propagieren, mit der sich auch zukünftige Schülergenerationen würden identifizieren können. Einer dieser Vorschläge war "Neusprachliches Gymnasium Trier". Jedoch hat der Autor abgesehen von der Jahreszahl 1959 die wesentlichen Inhalte dieser frühen Benennungsdiskussion nicht recherchiert.Mit seinen aktuellen Vorschlägen für ein erneuertes Namenspatronat á la "dem Linze Paul sein Gymnasium", "Guildo Horn" (Karl Marx, Heine) ist der Redakteur nun, ohne es gemerkt zu haben, selbst zurückgefallen in die autoritären Denkstrukturen jener Phase deutscher Geschichte, in der sich die Jugend blind für populäre Helden und Idole hatte vereinnahmen lassen. Und an diese Denkweise erinnerte auch des Redakteurs absurdes Plädoyer an die TV-Leser, bei der Diskussion über einen neuen Namensgeber allen Ernstes auch einen Fußballtrainer und einen Schlagersänger zu berücksichtigen, weil diese ja "zu den bekanntesten Trierern" gehören. Dr. Thomas Schnitzler (Historischer Berater des NS-Opfergedenkprojekts "Stolpersteine" und verantwortlich für die Ausstellung "Trier unter dem Hakenkreuz" im Städtischen Museum Simeonstift Trier) Hgt

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