Die Mutter sieht in ihrem angeklagten Sohn ein Mobbing-Opfer

Trier · Wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und der Beleidigung steht ein 51-jähriger Mann aus der Verbandsgemeinde Schweich vor dem Trierer Schöffengericht. Neun Zeugen hatten viel zu erzählen. .

Trier Der Handwerksmeister gilt in seinem Heimatort in der Verbandsgemeinde Schweich als gefürchteter Dorftyrann - davon zeugen mehrere Straf- und Zivilverfahren der vergangenen Jahre. Glück hatte er nach erneuten Attacken und Verleumdungsaktionen 2015 vor der Großen Strafkammer. Es stand auf der Kippe, ob man ihn als gemeingefährlich einstufen und in die Psychiatrie einweisen würde. Doch dem widersprach das damalige Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen. So blieb es bei einer Bewährungsstrafe. Inzwischen befindet sich der Mann in ambulanter psychiatrischer Therapie.
Trotzdem soll es im Januar 2016 erneut zu einem schwerwiegenden Vorfall am Ortsrand gekommen sein, bei dem ein anderer Dorfbewohner attackiert und so schwer verletzt wurde, dass er nach eigenen Angaben noch immer unter Angststörungen und Kopfschmerzen leidet. Hinzu kommen mögliche weitere Zusammenstöße mit Dorfbewohnern, wobei es laut Staatsanwältin Anna Koch vorwiegend um Beleidigung, Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch geht. Seit November 2016 arbeitet sich das Trierer Schöffengericht durch diesen Anklagekomplex (der TV berichtete). Der Angeklagte selbst sieht sich als Opfer eines Dorf-Mobbings und stellt die Vorfälle so dar, als sei er der zuerst Attackierte. Und so sieht es auch seine mehr als 80 Jahre alte Mutter.
Am jüngsten Verhandlungstag geben sich neun Zeuginnen und Zeugen beim Schöffengericht die Klinke in die Hand. Viele fragen den Vorsitzenden Richter Hans-Jürgen Ferring zunächst, um welchen Vorfall es diesmal gehe, "denn da ist ja dauernd was mit dem".
Eine Frau gibt etwa an, vom Angeklagten als Messerstecherin beschimpft und fotografiert worden sein, nur weil sie mit einem scharfen Gegenstand die Bordsteinfugen vor ihrem Anwesen reinigte. "Schlampe, Luder oder Schaf" seien die üblichen Anreden, mit denen sie der Mann tituliere. Sogar an ihrem Arbeitsplatz bei einer Schweicher Bank sei sie schon attackiert worden. Dort hat der Angeklagte inzwischen Hausverbot. Ein Ehepaar erklärt, vor dem Grundstück des Angeklagten von ihm fotografiert und zum Verlassen des Bürgersteigs gezwungen worden zu sein. Der Bürgersteig sei sein Eigentum, was im Grundbuch festgehalten sei.
"Das ist Terror hoch drei, was der bei uns im Dorf veranstaltet", sagt eine Frau. Gegen ihre Hausfront und in deren Eingangsbereich soll der Angeklagte regelmäßig Eimer voller Urin gegossen haben. Ihr Mann - "mir hat er schon mal die Mittelhand gebrochen" - bestätigt das. Und die beleidigenden Schimpfkanonaden auf der Straße seien inzwischen so normal, dass man gar nicht mehr hinhöre.
Der nächste Zeuge berichtet von Zerren an den Haaren und einem Faustschlag ins Gesicht. Der Vorfall habe sich auf dem Grundstück des Angeklagten ereignet. Dem soll eine gezielte Kampagne gegen den Hausbau des Zeugen vorangegangen sein: Anzeigen wegen Schwarzarbeit oder Verstößen gegen die Bauordnung. Der Zeuge: "Mehrfach waren die Bauaufsicht und der Zoll bei mir, aber die konnten nichts feststellen. Über ähnliche "Erlebnisse" beim Hausbau berichtet eine weitere Zeugin.
Die Mutter des Angeklagten stellt die Rauferei auf ihrem Grundstück indessen so dar, als sei der Sohn zuerst attackiert worden, was zu ärgerlichem Gemurmel unter den zahlreichen Dorfbewohnern im Saal führt.
Der "geschlagene Bauherr", er ist Landwirt, befürchtet, dass irgendwann im Dorf etwas ganz Schreckliches passiert. "Je nach Mondstand weiß man, dass es nun wieder losgeht. Vollmond ist besonders schlimm", sagt er. "Genau so ist es", flüstert jemand aus dem Zuhörerraum.

Die Verhandlung im Amtsgericht Trier wird am 16. März, 10.45 Uhr, fortgesetzt.

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