Hier können sich alle willkommen fühlen

Waldrach · Über 50 Menschen haben sich in der Verbandsgemeinde Ruwer zu einem Netzwerk für Flüchtlinge zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, die Fremden willkommen zu heißen und ihnen überall mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wo es nötig und möglich ist. Das tun sie im Café Welcome in Waldrach.

 Einmal im Monat lädt das Flüchtlingsnetzwerk zum Café Welcome nach Waldrach ein. Deutsche Jugendliche haben Geschenke für die Kinder. TV-Foto: Anja Fait

Einmal im Monat lädt das Flüchtlingsnetzwerk zum Café Welcome nach Waldrach ein. Deutsche Jugendliche haben Geschenke für die Kinder. TV-Foto: Anja Fait

Foto: Anja Fait (anf) ("TV-Upload Fait"

Waldrach. Schon an der Eingangstür wird jeder Einzelne von bunt geschminkten Clowns per Handschlag und mit einer lustig-freundlichen Geste begrüßt. Rund 40 Flüchtlinge, darunter hauptsächlich Frauen und Kinder, sind der Einladung des Organisationsteams vom Netzwerk Flüchtlinge zum Café Welcome nach Waldrach gefolgt. Etliche ehrenamtliche Helfer reichen Wasser, Limonaden, Melonenstücke und Kaffee an liebevoll dekorierten Tischen. Dass kein Dolmetscher anwesend ist, ist kein Problem. Alle, vor allem die Flüchtlingskinder sprechen mittlerweile so gut deutsch, dass es keine größeren Verständigungsprobleme gibt.
TV-Serie Flüchtlinge in der Region


Drei Kinder werden aufgerufen, sich in die Mitte zu stellen und den Erwachsenen in ihrer jeweiligen Landessprache zu erklären, was sich die Ehrenamtlichen haben einfallen lassen. Da ist zum einen die Firmgruppe - Teenager, die die Flüchtlingskinder mit aussortierten Spielsachen beschenken. Zum anderen wird erklärt, dass es in Kasel jetzt eine Fahrradwerkstatt gibt, in der alte und nicht mehr benötigte Fahrräder wieder flott gemacht werden. "Bitte melden Sie sich, wenn Sie ein Fahrrad brauchen. Wir haben genügend da", sagt ein Mann. Irgendwann zwischendurch tauchen auch die Clowns wieder auf. Sie machen Faxen und werfen mit buntem Konfetti.
Wiederholt drücken die Flüchtlinge ihre Dankbarkeit, aber auch ihren Stolz mit Applaus aus. Sie sind dankbar für das Engagement der Netzwerker und stolz auf ihre eigenen Kinder, die alles so toll übersetzt haben, obwohl sie zum Teil erst seit drei Monaten hier sind.
Dennoch fällt dem aufmerksamen Beobachter an diesem an sich fröhlichen Tag eine gewisse Ausdruckslosigkeit in den Augen der Flüchtlinge auf. Viele von ihnen sind traumatisiert. Jeder bringt seine eigene Geschichte mit nach Deutschland. Masumi (13) etwa erzählt davon, wie sie mit ihrem Bruder und ihrer schwangeren Mutter geflohen ist. Das Geld habe nicht für alle gereicht, so sei der Vater im Iran zurückgeblieben. Viermal hätten sie ein zwei Meter kleines Boot bestiegen - zusammen mit 22 weiteren Erwachsenen und zehn Kindern. Dreimal sei das Boot gesunken, bis die sechsstündige Flucht übers Wasser geglückt sei, sagt sie. "Das war sehr hart, alle Kinder haben geweint, und es war sehr kalt", berichtet sie. "Aber wenn du keine andere Wahl hast, musst du stark sein", fügt die 13-Jährige in englischer Sprache hinzu. Bei allem, was sie erzählt, auch bei den schrecklichen Geschichten aus ihrer Heimat, in denen sich alles um Misshandlung, Ungerechtigkeit und Inakzeptanz dreht, bleibt ihre Mimik völlig ausdruckslos. Nur einmal flackert ein deutliches Leuchten in ihren großen dunklen Augen auf. Das ist der Moment, in dem sie von ihren neuen Freunden berichtet, die sie an der Ruwertalschule in Waldrach gefunden hat. "I love my friends" ("Ich liebe meine Freunde"), sagt sie.
Extra

Zwischen 50 und 70 Flüchtlinge halten sich derzeit in verschiedenen Orten in der Verbandsgemeinde (VG) Ruwer auf. Sie stammen unter anderem aus Syrien, Armenien, Ägypten, dem Iran und dem Kosowo und sind der VG von der Trierer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) zugewiesen worden. Hier angekommen, sucht und finanziert die VG den Menschen Wohnungen und sorgt dafür, dass sie mit Hilfe von Sprachkursen, dem Besuch von Ärzten, Kindertagesstätten und Schulen hier in das normale Leben integriert werden. Enorme Hilfe leisten hierbei ehrenamtliche Paten. anfExtra

Ins Leben gerufen wurde das Netzwerk Flüchtlinge im Januar dieses Jahres auf Idee der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Waldrach, der evangelischen Gemeinde Trier-Ehrang und der Verbandsgemeindeverwaltung Ruwer hin. Mittlerweile engagieren sich neben dem sechsköpfigen Organisationsteam rund 50 weitere Ehrenamtliche in dem Netzwerk. Wichtige Dienste leisten sie durch Patenschaften, Übersetzer-, Einkaufs- und Fahrdienste. Einmal im Monat gibt es das Cafe´ Welcome, für das sich die Ehrenamtlichen jedes Mal eine andere Aktion überlegen. Zu den weiteren Angeboten des Netzwerks zählen etwa die Organisation von Kleidermärkten und die Fahrradwerkstatt in Kasel. Wer sich ebenfalls hier engagieren möchte, ist jederzeit herzlich willkommen und kann sich an eine der oben genannten Einrichtungen wenden. Auch ein Stammtisch für die Netzwerker selbst ist derzeit in Planung. anf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort