Romeo und Julia einmal anders

Nach dem großen Erfolg seines Figurentheater-Kinderfestes (der TV berichtete) hat das Theaterzentrum Stierstall in Schweich am vergangenen Wochenende ein weiteres Mal die besondere Kunstform des Puppenspiels in Schweich präsentiert. Neben "Drei kleine Wölfchen und das böse große Schwein" für Kinder und Junggebliebene gab es mit "Romeo und Julia" auch ein Stück für Erwachsene.

 Romeo und Julia – ein erwachsenes Puppenspiel – zeigte das Theater Alpenrod, hier mit Puppenspielerin Petra Schuff. Die Veranstaltungen in der Synagoge konnten jedoch nicht überzeugen. TV-Foto: Anke Emmerling

Romeo und Julia – ein erwachsenes Puppenspiel – zeigte das Theater Alpenrod, hier mit Puppenspielerin Petra Schuff. Die Veranstaltungen in der Synagoge konnten jedoch nicht überzeugen. TV-Foto: Anke Emmerling

Schweich. Dass der Grundsatzbeschluss der Stadt Schweich, das Gebäude des ehemaligen Stierstalls in ein Zentrum für Figurentheater umzubauen, Wirklichkeit wird, ist Anliegen des Fördervereins Theaterzentrum Stierstall. Mit Theater- und Konzertveranstaltungen sowie Ausstellungen seiner kostbaren indonesischen Schattentheaterfiguren wirbt er für dieses Ziel. Neuer Partner dabei ist der Gewerbeverband Schweich, der es jetzt finanziell ermöglichte, dass am Wochenende gleich zwei Figurentheaterstücke aufgeführt werden konnten.Erwachsenes Puppentheater - eine Ausnahme

Mit dem Shakespeare-Klassiker Romeo und Julia war am Samstag ein Angebot für Erwachsene im Programm - auch für die gastierende Bühne, das Theater Alpenrod aus dem Westerwald, eher eine Ausnahme: "Kinderstücke sind unsere eigentliche Existenzgrundlage" sagt Puppenspielerin Petra Schuff. Sie hat in der Synagoge eine für Figurentheater ungewöhnlich große Bühne aufgebaut, die den Schauplatz des Dramas in ein Veroneser Restaurant verlegt. Warum die Bühne so groß ist, erklärt sich dann auch sofort. Sie muss Petra Schuff Raum geben, die sich als Hauptakteurin zwischen pompösen Vorhängen und überladenen Tischen zunächst als Kellnerin und Erzählerin in Szene setzt, bevor sie die ersten Figuren ins Spiel kommen lässt. Das sind die als venezianische Karnevalsmaske gestaltete Mutter Romeos und die als Handpuppe aus üppigen Spitzen gestaltete Mutter Julias, deren stattliche Größe ihrem Rollenanteil im weiteren Verlauf des Stückes entspricht. So klein hingegen, dass sie im Beiwerk untergehen und von den hinteren Zuschauerrängen kaum zu erkennen sind, kommen wie kitschige Spielzeugpüppchen Romeo und Julia daher, die statt Balkon mit einer Flohmarkthandtasche Vorlieb nehmen müssen oder ihr Bett in der Suppenterrine finden. Petra Schuff hat viele Ideen eingebracht, arbeitet mit unzähligen Requisiten wie Blech-Eimer, Stuhl, Federn oder Tüchern, schlüpft selbst in Rollen und nutzt zudem Musik als Spannungselement.Die Dramatik geht wegen vieler Effekte verloren

Doch durch all diese Effekte geht die wirkliche Dramatik der Konflikte verloren. Nebensächliches wie Charakterzeichnung der Mütter nimmt zu viel Raum ein, wohingegen Hauptcharaktere Shakespeares erst gar nicht oder nur angedeutet durch Objekte auftauchen. Der Schluss mit der Quintessenz des Shakespeare'schen Stücks, dass die verfeindeten Familien über den Leichen ihrer Kinder den sinnlosen Hass begraben, fehlt völlig. Ihn erzählt Petra Schuffs Stimme zwar vom Band, was akustisch aber wie so viele Textpassagen in viel zu lauter Musik untergeht. Weniger wäre mehr gewesen, doch Respekt gelten sowohl der Bühne Alpenrod als auch dem Schweicher Theaterzentrum Stierstall für den Mut, neue Wege zu beschreiten.

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