Vordenker des dritten Weges

KÖWERICH. (mer) Einer der berühmtesten Söhne des Moseldorfes Köwerich ist der vor 40 Jahren verstorbene Paul Jostock (1895 - 1965). Zu Ehren des Statistikers, Kapitalismuskritikers und Sozialphilosophen fand in dessen Heimatdorf ein Symposion zu "Widerstand und Sozialreform" statt.

Auf vielen Feldern erwarb sich der Köwericher Ehrenbürger große Verdienste: So entwickelte er als Statistiker am Reichsstatistikamt die Grundlagen zur Berechnung des Volkseinkommens, eine bahnbrechende wissenschaftliche Leistung. Der überzeugte Katholik kritisierte in mehreren Schriften die aus seiner Sicht falsche Entwicklung des Kapitalismus. In engem Kontakt zu Philosophen wie Oswald von Nell-Breuning arbeitete er an der Entwicklung der katholischen Soziallehre mit. Köwerichs Ortsbürgermeister Robert Linden begrüßte im Jugendheim zahlreiche Gäste zum Symposium, das die Ortsgemeinde, die Verbandsgemeinde Schweich und das Institut für Cusanus-Forschung gemeinsam veranstalteten. Zu Beginn referierte Kirstin Zeyer vom Cusanus-Institut über Leben und Werk Jostocks. Nach einer steilen Karriere im Reichsstatistikamt in Berlin kam Jostocks Karriere während der Nazizeit zum Stillstand, weil er nie Mitglied der NSDAP werden wollte. Jostock hielt in Berlin Kontakt zur Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis"; nach dem Krieg wurde ihm ein tadelloses Verhalten bescheinigt. Jostocks Überlegungen zu einem "dritten Weg" zwischen Sozialismus und reinem Kapitalismus, den er "Solidarismus" nannte, flossen in die neue Wirtschaftsordnung der Sozialen Marktwirtschaft ein. Nach dem Vortrag Zeyers diskutierten Staatssekretär a.D. Franz-Peter Basten, der Vorsitzende der Initiative Region Trier und Landrat a.D. Richard Groß sowie Harald Schwaetzer vom Cusanus-Institut über die Bedeutung der Thesen des berühmten Köwerichers für die Gegenwart. Die kontroverse Diskussion moderierte Dittmar Lauer, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins Trier-Saarburg. Alle Diskussionsteilnehmer würdigten die Verdienste Jostocks. Unterschiedliche Bewertungen gab es jedoch bei der Frage, ob die Ansätze Jostocks bei der Lösung aktueller Probleme angesichts der Globalisierung der Wirtschaft noch helfen können. Ein Schlusswort sprach Berthold Biwer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde.

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