(Zu) nahe am Wasser gebaut

GUTWEILER. Die Straße "An der Ruwer" bei Gutweiler ist eine kuriose Wohnlage, für die es heutzutage sicher keine Baugenehmigung mehr gäbe: Auch wenn die Ruwer nur leichte Hochwasser-Regungen zeigt, wird es für die 16 Anwohner eng im wörtlichen Sinn: Das Wasser steht vor der Tür, und die Zufahrt ist dicht.

Bei Gusterath-Tal hinter dem alten Bahndamm, über den nun der Fahrradweg verläuft, liegt die Straße "An der Ruwer", die allerdings schon zur Ortsgemeinde Gutweiler gehört. Wie der Straßenname schon verrät: Quasi auf "Tuchfühlung" mit dem oft launischen Fluss wohnen dort insgesamt 16 Menschen in fünf Häusern. Als die Bauten in den 50er-Jahren errichtet wurden, hieß die Straße noch "Am Schwimmbad", weil sich die einstige Werks-Badeanstalt der Firma Romika dort befand. Einige Überreste davon sind heute noch erkennbar.Fahrradweg ersetzt den Behelfssteg

Eine ruhige Lage in der Natur - doch wehe, die Ruwer schlägt wie in diesen Tagen wieder über die Stränge. Und dies geschieht in der engen Schlucht mit Flusskrümmung schneller als andernorts. Dann werfen die Anlieger in ihren Kellern die elektrischen Pumpen an und fahren ihre Autos auf die andere Seite der Ruwer in Richtung Gewerbegebiet Gusterath-Tal. Unterlassen sie das, müssen sie möglicherweise für Tage auf ihren Untersatz verzichten, weil die Ruwer als erstes die Zufahrtsstraße zu den Häusern erobert. Um wenigstens zu Fuß heraus und herein zu kommen, baute die Gemeinde schon vor Jahren einen erhöhten Behelfssteg entlang der Böschung über dem Ruwerrand. Doch wo der Steg endet, muss bei höheren Wasserständen dennoch mit nassen Füssen gerechnet werden. Erhebliche Erleichterung bringt der neue Fahrradweg. Über ihn und die neue Fahrradbrücke lassen sich die Häuser "An der Ruwer" neuerdings auch bei Hochwasser trockenen Fußes erreichen. Gerd Tiator, der seit neun Jahren dort wohnt: "Man muss natürlich aufpassen, wenn die Ruwer plötzlich steigt. Das passiert so etwa ein- bis zweimal im Jahr. Schon bei ersten Anzeichen sollte man das Auto auf die andere Seite bringen." Tiator erinnert sich an einen Hochwassertag vor einigen Jahren. Da stand das Auto noch am Haus, als der Ruwerpegel plötzlich anstieg. Da er aber dringend wegfahren musste, half ihm die Feuerwehr mit ihrem Unimog-Löschfahrzeug. Es wurde ein abenteuerliches Unterfangen. Tiator: "Erst haben wir den Auspuff zugestopft. Dann wurde mein Auto mit abgestelltem Motor vom Unimog ins Schlepp genommen. An der tiefsten Stelle der Strecke reichte das Wasser bis an die Türgriffe und das Auto begann aufzuschwimmen. Aber es hielt auf der kurzen Distanz dicht." Günter Jakobs, Ortsbürgermeister von Gutweiler, ist froh, dass sich die Situation durch den neuen Fahrradweg erheblich verbessert hat. Jakobs: "Das sind die Fehler der Vergangenheit. Wie konnte man vor 60 Jahren dort nur Baugenehmigungen erteilen?"

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