Auf der Suche nach konkreten Erlebnissen

TRIER. Welche Chancen hat die Großregion? Welche Alleinstellungsmerkmale gibt es? Die öffentliche Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier hat sich ans Bohren dicker Bretter herangemacht und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ins Zentrum ihrer Arbeit gestellt.

Politiker sehen in ihr die größte grenzüberschreitende Kooperation innerhalb der EU, Unternehmer hoffen auf neue Absatzmärkte - nur die Bürger der Großregion zwischen Rheinland-Pfalz, Saarland, Lothringen, Luxemburg und der Wallonie sehen in ihr häufig nicht mehr als einen Papiertiger. Das will die IHK Trier ändern und eine Zukunftsstrategie für die Großregion entwickeln. Eine öffentliche Vollversammlung war ein erster Schritt, um Kompetenzfelder zu entdecken und Chancen für Wirtschaft und Bildung auszuloten. Was gar nicht so einfach war, wie mehrere Podiumsgespräche unter der Moderation von Dieter Lintz, Leitender Redakteur des TV, verdeutlichten.Nüchterne Fakten und Probleme in der Praxis

Eine Wirtschaftskraft mit einem Bruttoinlandsprodukt von 250 Milliarden Euro, eine Fläche, die 1,6 Prozent der EU bedeckt, und elf Millionen Einwohner - so sehen die nüchternen Fakten aus. Doch dahinter stecken auch eine unterschiedliche Dynamik zwischen "Supermacht" Luxemburg und "Armenhaus" Wallonie sowie verschiedene Verwaltungsebenen von Bundesländern wie Rheinland-Pfalz über einen ganzen Staat wie Luxemburg bis hin zu zentralistisch geführten Regionen wie Lothringen. Doch davon wisse der Bürger kaum etwas, sagte Luxemburgs Wirtschaftsminister Jeannot Krecké: "Trotz einer allgemein guten Zusammenarbeit fehlt es an vielen Daten." Vieles gebe es noch zu tun, sei es ein gemeinsames Auftreten als Großregion etwa auf Messen oder die Koordination der Bildungsangebote an den elf Hochschulen der Großregion. "Meistens geht der politische Wille bei uns und euch nicht über Sonntagsreden hinaus", merkte Krecké kritisch an. Und konkret: "Es gibt keine schlechtere Infrastruktur als die Zugverbindung zwischen Deutschland und Luxemburg. Wenn wir das nicht beseitigen, macht es keinen Sinn, über die Großregion und gemeinsame Initiativen zu reden", sagte Krecké, womit er den meisten Kollegen aus dem Herzen sprach. "Luxemburg als Vorbild" lautet die Devise von IHK-Präsident Wolfgang Natus. Sprachkompetenz, interkulturelle Kompetenz und der Schwerpunkt Forschung und Innovationen - das seien die Bereiche, auf die es in der Großregion Wert zu legen gelte. A propos Sprachkompetenz: Langsam scheint sich auch bei den deutschen und französischen Spitzen aus Kultur, Politik und Wirtschaft durchzusetzen, dass nur über Kommunikation Kooperation möglich sein kann, wie die Beispiele von Triers Theater-Intendant Gerhard Weber und Jean-Michel Laurent, Hauptgeschäftsführer der lothringischen IHK Meurthe-et-Moselle, zeigen, die per Sprachkurs die Sprache der Nachbarn lernen. "Wenn sich die Hochschulrektoren treffen, brauchen wir einen Simultanübersetzer - das kann doch nicht sein", sagte Triers Uni-Präsident Peter Schwenkmetzger selbstkritisch. Und wie lassen sich nun die Bürger näher an die Großregion heranführen? Über das gemeinsame Kulturjahr 2007, über gemeinsame Investitionen in den Sport und über eine gemeinsame Saar-Lor-Lux-Datenbank für Unternehmer, lauten die Vorschläge. Und wieder war es Luxemburgs Wirtschaftsminister Krecké, der konkret wurde: "Die Grenzgänger sind ein wichtiger Integrationsfaktor. Und persönliche Erlebnisse wie das Einkaufen und der Handel. Erst wenn der Zusammenhalt konkret wird, werden sich die Leute als Teil der Großregion verstehen."

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