Blick in den Rückspiegel

Der gebürtige Saarländer Raimund Becker ist seit 2004 Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. In Trier sprach er bei einem Besuch über die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.

Trier. (hw) Die Situation am Arbeitsmarkt ist besser als die Stimmung in der Wirtschaft. Wie sehen Experten die weitere Entwicklung? Mit dem Vorstandsmitglied der Agentur für Arbeit in Nürnberg, Raimund Becker, sprach TV-Redakteur Heribert Waschbüsch.

Die derzeitige Wirtschaftskrise hat am Arbeitsmarkt noch keine großen Auswirkungen gezeigt. Woran liegt das?

Becker: Der Arbeitsmarkt spiegelt jetzt die Situation im zweiten Quartal 2008. Es ist immer ein Blick in den Rückspiegel, weil natürlich die Wirtschaft nicht so schnell reagieren kann. Aber es ist auch vollkommen klar, dass die Rahmenbedingungen im kommenden Jahr in eine andere Richtung weisen. Das wird sich dann entsprechend in Arbeitsmarkt-Zahlen niederschlagen.

Was erwartet uns nach Ihrer Ansicht in den kommenden Monaten?

Becker: Nun, die Agentur für Arbeit betreibt keine eigene Konjunkturforschung, sondern bezieht sich auf die Einschätzung der Bundesregierung. Und die ist ja noch wesentlich optimistischer als die vieler Wirtschaftsinstitute. Generell gehen wird davon aus, dass ein um 0,5 Prozentpunkte vermindertes Wirtschaftswachstum etwa 120 000 bis 130 000 arbeitslose Menschen mehr bedeutet.

Welche Instrumente hat die Arbeitsagentur, um auf die Krise zu reagieren?

Becker: Für die Wirtschaft ist in der jetzigen Situation vor allem das Kurzarbeitergeld wichtig. Hier haben durch die Neuregelung nun wirklich alle Firmen die Möglichkeit, dieses Instrument zu nutzen. Zudem wurde die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld von zwölf auf 18 Monate verlängert. Darüber hinaus können wir den Unternehmen auch anbieten, während der Kurzarbeit Mitarbeiter zu qualifizieren. Allein dafür haben wird rund 50 Millionen Euro zur Verfügung. Zudem können wird mit dem Projekt "Wegebau" (Abkürzung für Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen, Anm. der Red.) Betroffenen helfen. Hier haben wir Mittel in Höhe von 200 Millionen Euro.

Bei der Kurzarbeit bleiben die Mitarbeiter im Beschäftigungsverhältnis, beziehen aber weniger Lohn. Warum ist das so wichtig?

Becker: Die Mitarbeiter bleiben in dieser Krisenzeit ihrem Unternehmen erhalten. Mittelfristig wird es für die Wirtschaft immer schwieriger, gute Kräfte zu finden. Der demografische Wandel wirkt sich nachhaltig auf die Beschäftigung aus. Das Angebot an Bewerbern sinkt. Dort liegen unsere Herausforderungen. Es muss gelingen, auch ältere Menschen länger in Beschäftigung zu halten, Frauen wieder stärker in die Arbeitswelt einzubinden. Und wir müssen verstärkt an Zuwanderung denken.

Was erwarten Sie sich von einem guten Konjunkturprogramm?

Becker: Ziel muss es sein, den Wirtschaftskreislauf in Schwung zu bringen, um vielen Menschen eine Beschäftigung zu ermöglichen.

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