E 10: Natur-Retter oder Biofalle?

Autofahren macht keinen Spaß mehr: Horrende Spritpreise, Restriktionen durch Umweltzonen und jetzt auch noch die "Biofalle E 10". Die geplante Verdoppelung der Ethanolbeimischung im Benzin ab kommendem Jahr von fünf auf zehn Prozent verunsichert Autofahrer, während die Besteuerung von Biodiesel heimische Anbieter von Öko-Sprit in Bedrängnis bringt.

Berlin/Trier. Die ganze Geschichte klingt widersinnig. Da sollen wir ab dem nächsten Jahr einen neuen Kraftstoff in unsere Benziner füllen, der die Umwelt entlastet, aber gleichzeitig - glaubt man dem ADAC - die Motoren-Technik von Millionen älterer Autos aushebelt und betroffene Autobesitzer dazu zwingt, nur noch teures Superplus-Benzin zu tanken. Weil nämlich nicht alle Motoren den höheren Anteil des aggressiven Ethanols vertragen, soll eine Kraftstoffsorte weiterhin nur fünf Prozent Ethanol enthalten. Das aber ist das teure Superplus. Welche Autos den Bio-Sprit vertragen und welche nicht, kann noch niemand genau sagen. Die Autobauer tun sich schwer mit der Freigabe ihrer Produkte. Das Vertrauen in die Aussagen der Hersteller, bei welchen Fahrzeugtypen der höhere Ethanol-Anteil unverträglich sein wird, ist längst dahin, denn sie ändern sich fast täglich. Ungeklärt ist auch die Frage der Haftung. Die Hersteller wollen offensichtlich mit der neuen Beimischungsquote keine gesonderten Übernahme-Erklärungen zur Haftung ausstellen. Man werde jedoch "an den üblichen Gewährleistungen festhalten", lässt der Verband der Automobilindustrie (VDA) verlauten. Sollte es "wider Erwarten in Einzelfällen zu Problemen damit kommen", werde die Automobilindustrie "eine verbraucherfreundliche Regelung sicherstellen". Wie diese genau aussehen soll, weiß niemand. Zudem bezweifeln viele Experten, dass der "Bio-Tiger für den Tank", der den schädlichen CO{-2}-Ausstoß minimiert, auch auf ökologisch verträgliche Weise produziert wird. Negative Öko-Bilanz durch lange Import-Wege

Christof Diwo, technischer Leiter der bundesweiten Sachverständigen-Organisation KÜS mit Sitz in Losheim/Saar erklärt dazu: "Beim direkten Schadstoffausstoß aus dem Auspuff wird der CO{-2}-Ausstoß zwar reduziert, allerdings fällt bei der Produktion ebenfalls CO{-2} an. Bioethanol wird derzeit in Europa nicht kostengünstig hergestellt. Deshalb muss das Ethanol importiert werden. Dadurch wird die Schadstoffbilanz zusätzlich negativ beeinflusst." Denn der Transport erzeugt natürlich auch CO{-2}. Ob die geplanten Maßnahmen auch Auswirkungen auf den "kleinen Tankverkehr" in der deutschen Grenzregion nahe Luxemburg haben, ist derzeit noch ungewiss. Luxemburgische Stellen halten sich mit Aussagen dazu noch bedeckt. Heimische Firmen betrachten die "Biologisierung des Autofahrens" mit unternehmerischer Skepsis. Dies gilt nicht nur für Erhöhung des Ethanolanteils im Benzin, sondern noch viel mehr für die Besteuerung des sogenannten Biodiesels. Dieser sollte, da er aus heimischem Raps hergestellt werden kann, nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch eine Einnahmequelle für die Landwirtschaft erschließen. Um durch die schrittweise steigende Besteuerung des reinen Ökokraftstoffs den Rapsanbau und die Verarbeitung nicht abzuwürgen, wurde eine höhere Beimischung von Biodiesel zum normalen Diesel verordnet. Geholfen hat es wenig. Fiskus behindert heimische Biodiesel-Projekte

"Derzeit wird durch die Besteuerung alles in Frage gestellt. Warum muss man alles besteuern, nur Erdgas nicht, das bis 2018 frei gestellt ist?", fragt Hilarius Lux, Geschäftsführer der Raiffeisen-Warengesellschaft in Ormont (Landkreis Vulkaneifel). "Auf diesem Markt ist momentan kein Geld zu machen. Derzeit geht die Hälfte dieser Projekte in Deutschland kaputt", sagt Lux, dessen Haus von der geplanten Errichtung einer Anlage in Badem (Eifelkreis Bitburg-Prüm), in der aus heimischem Raps Biodiesel gemacht werden sollte, Abstand genommen hat. Hintergrund: Außerhalb Europas wird Biodiesel billiger hergestellt als hierzulande, so dass die für die vorgeschriebene Beimischung nötige Menge aus Drittländern importiert wird. In diesem Fall belastet nicht das bei der Produktion und beim Transport entstehende Kohlendioxid die Öko-Bilanz, sondern auch die Tatsache, dass für die Erzeugung der Ölpflanzen teilweise Regenwälder abgeholzt werden. Tröstlich wirkt da lediglich die Zusicherung von Bundes-Umweltminister Sigmar Gabriel, man werde alle Argumente abwägen und "überprüfen, ob die Beimengung von zehn Prozent Bioethanol zum Treibstoff wirklich sinnvoll ist". Erst wenn darüber Klarheit besteht, wolle das Umweltministerium die neue Beimischungsverordnung dem Kabinett zur Beratung vorlegen. Eine Änderung der geltenden Regelung beim Diesel ist nicht geplant.

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