Gesund auf eigenen Beinen

KELL AM SEE. Steht ein Unternehmen nach seiner Gründung auf eigenen Beinen, muss es stabil und rentabel gemacht werden für die Zukunft - mit eigener Leistung, aber ohne große finanzielle Abhängigkeiten. Wie das geht, hat der sich TV in einer Schreinerei angesehen.

Winfried Feller steht etwa in der Mitte seines Arbeitslebens. Mit 40 Jahren hat er ein gewachsenes Unternehmen, vier Mitarbeiter und einen stabilen Kundenstamm. Damit das so bleibt und er in etwa 20 Jahren ohne Sorgen, Stress und Hektik einen gesunden Betrieb übergeben oder verkaufen kann, will er die Stabilisierungsphase nutzen und sein kleines, aber feines Unternehmen herausputzen.Spezialisierung statt Bauchladen

"Ich war ein blutiger Anfänger und habe als Schreiner anfangs alles gemacht", sagt er rückblickend auf die Betriebsgründung vor zwölf Jahren. Doch inzwischen hat er sich auf Möbel und Innenausbau im oberen Preissegment konzentriert, vor allem auf Küchen- und Wohnmöbel sowie Einbauschränke für Arztpraxen, Kanzleien und Bürogebäude. "Einen Bauchladen an Arbeiten anzubieten ist im komplexem Schreiner-Metier nicht möglich, zumal, wenn man Spitzenleistung bieten will", sagt Feller. Dafür sei die Branche zu komplex und umfangreich. Er sieht seine Zukunft deshalb in der Spezialisierung und Kooperation. Schon heute arbeitet er zu 60 Prozent im Auftrag für Handwerkskollegen. Im Laufe der Jahre ist der Betrieb so gewachsen, dass Winfried Feller mit Maschinen und Mitarbeitern von der ersten Werkstatt im elterlichen Haus in Beuren ins Gewerbegebiet nach Kell am See (Kreis Trier-Saarburg) gezogen ist. Zudem hat er rund 150 000 Euro in neue Technik investiert, "die ausschlaggebend für unser Produktionsvolumen und unsere Qualität ist". Nun geht es für den Holzgestalter und Obermeister der Schreiner-Innung darum, "gesund zu sein und einen rentablen Betrieb zu führen, der dann auch der Altersvorsorge dienen kann", sagt Feller. Denn die Ertragslage sei nicht so stark, man müsse deshalb zu den vorhandenen Marktpreisen produktiv arbeiten. "Wir haben unsere Wachstumsphase fast abgeschlossen", sagt er. Früher sei sein Controlling eine Bauchentscheidung gewesen, eine Arbeit, die er mit Eigenleistung kompensiert habe. "Nun ist ein richtiges Controlling unabdingbar", weiß Winfried Feller. So unabdingbar, dass er eine Bürokraft einstellen will, die alle betrieblichen Daten erfasst. Denn der Chef selbst wird bei der täglichen Planung gebraucht, wo es auf Präzision und Ästhetik in der Arbeit mit Holz ankommt. "In diesem Bereich werden von Unternehmen die größten Fehler gemacht", sagt Rainer Thielen, Berater für das Lebensphasenmodell der Handwerkskammer Trier (der TV berichtete). Wer als Unternehmer mit seinem Betrieb wachse, ihn aber nicht stabilisiere, binde entsprechend mehr Kapital mit seinem Umsatz, sagt er. Diese Gefahr hat Winfried Feller aber erkannt. "Ich habe mir nie Gedanken über Lebensphasen eines Betriebes gemacht, dass das Unternehmen genauso spezielle Lebensabschnitte hat wie der Eigentümer auch", sagt er. Deshalb nutzt er das Lebensphasenmodell als Leitfaden und Gerüst zur Orientierung - ob als alleiniger Chef, mit Mitarbeiterbeteiligung, in Kooperation oder Partnerschaft. Denn viele Betriebe in Fellers Stadium machen sich kaum Gedanken über einen Notfall-Plan. Drei von zehn Betrieben müssen heute wegen des Ausfalls des Chefs durch Krankheit oder Unfall verkauft oder übergeben werden. Doch nur ein Drittel aller Unternehmen hat sich auf eine solche Notfall-Situation vorbereitet. Ziel von Winfried Feller ist daher Sicherheit und Leistungsfähigkeit - unabhängig von Wachstum, Investitionen und Unternehmensgröße.

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