Harter Schnitt

TRIER. Ab Montag droht ein Ärztestreik. Die niedergelassenen Chirurgen kündigten an, keine ambulanten Operationen mehr durchzuführen. Grund: Sie könnten nicht mehr kostendeckend arbeiten.

Wer in den nächsten Tagen eine OP bei einem niedergelassenen Chirurgen hat, könnte Pech haben. Die Operateure wollen ab Montag nur noch Notfälle behandeln. Wer einen Termin hat, der soll auf's nächste Jahr vertröstet werden. Grund: Die Chirurgen sind sauer, weil sie weniger bekommen. Statt wie in der seit April geltenden neuen Gebührenordnung 255,40 Euro verdiene ein Arzt an einer ambulanten Operation nur noch 150 Euro, heißt es bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz. "Davon kann kein Arzt leben. Ohne die Privatpatienten könnte ich dicht machen", kritisiert der Trierer Unfallarzt Wolfgang Hagedorn. Er geht davon aus, dass ein Großteil der 17 niedergelassenen Chirurgen in der Region an dem unbefristeten Protest teilnehmen wird. Die ambulanten Operationen sollen so lange eingestellt werden, bis die Kassen eine "kostendeckende Vergütung" gewährleisten könnten, heißt es in einer Resolution der rheinland-pfälzischen Chirurgen und Orthopäden. Grundsätzlich unterstützt die KV die Forderung der Ärzte. Die ärztliche Leistung sei nicht mehr kostendeckend zu gewährleisten, sagt KV-Chef Karl-Heinz Müller. Durch zunehmende Arbeitslosigkeit gibt es immer weniger Beitragszahler bei den gesetzlichen Kassen, die daher den Kassenärztlichen Vereinigungen weniger Honorar überweisen. Gleichzeitig hat die Zahl der ambulanten Operationen deutlich zugenommen. Im vergangenen Jahr bezahlten die Kassen rund zwei Millionen Euro für ambulante Operationen in der Region, 17 Prozent mehr als noch drei Jahre zuvor. Ärztliche Leistungen werden mit Punktwerten vergütet. Je komplizierter eine Behandlung ist, desto höher der Punktwert. Bei der seit April geltenden Gebührenordnung wurde eine Vergütung von 5,11 Cent pro Punkt für ambulante OP vereinbart. Eine ambulante Operation wird in dem neuen Bewertungsmaßstab, der von Ärzten und Kassen gemeinsam verabschiedet wurde, mit 5900 Punkten bewertet. Der Arztlohn wurde auf 77,9 Cent pro Minute festgelegt. Macht bei einer durchschnittlichen Dauer von 59 Minuten 46 Euro Honorar. Insgesamt soll der Chirurg dafür 301,50 Euro erhalten. Aufgrund des Honorarrückgangs sei der tatsächliche Punktwert jedoch auf drei Cent gesunken, so die KV. Dass die Ärzte deswegen in einen Quasi-Streik treten, wird von der KV offiziell abgelehnt. Auf absolutes Unverständnis stößt der Protest aber bei den Kassen. Der Ärger dürfe nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden, sagt der Sprecher der Techniker Krankenkasse (TK), Jörn Simon, in Mainz. Die Kassen könnten wegen der Beitragsstabilität nicht mehr bezahlen. Bei der AOK Rheinland-Pfalz spricht man von Erpressung. Der angekündigte Ärztestreik sei rechtswidrig, man werde rechtliche Schritte gegen die teilnehmenden Ärzte prüfen, sagt AOK-Chef Walter Bockemühl. Er fordert, dass die Kassen künftig direkt mit den Ärzten abrechnen und nicht erst mit der KV. Auch die Ersatzkassen haben kein Verständnis für den Ärzteprotest. "Wir lassen uns nicht erpressen", sagt Armin Lang, Chef des Ersatzkassenverbandes Rheinland-Pfalz. Kein Patient müsse auf dringend notwendige Operationen verzichten. Er könne dafür auch ins Krankenhaus gehen, sagt Lang.

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