Mindestlohn kommt auch in der Region an

Trier · Schätzungsweise rund 3,7 Millionen Beschäftigte des Niedriglohnsektors sollen ab dem neuen Jahr direkt vom allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde profitieren. In der Region Trier sollen es immerhin rund 9 Prozent von 104.000 Vollzeitbeschäftigte sein.

Trier. Frust, Ängste, aber auch Hoffnungen: So könnte man die Gemengelage in der deutschen Wirtschaft bezüglich der Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro in der Stunde vom kommenden Jahr an beschreiben. Während der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Ingo Kramer, unter anderem auf Rechtsunsicherheiten, bürokratischen Aufwand und die Gefahr von Jobverlusten hinweist, hält der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, einen massenhaften Jobverlust für wenig wahrscheinlich. Manche Arbeitsplätze würden aber womöglich nicht mehr besetzt, weil die Firmen Lohnerhöhungen nicht an die Kunden weitergeben könnten, sagt er.Mehr Kaufkraft möglich


Demgegenüber sehen die Gewerkschaften mit der Einführung des Mindestlohns "eine der größten Reformen, die wir in den letzten Jahren hatten", sagt etwa Stefan Körzell, Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Die schwarz-rote Bundesregierung führt den flächendeckenden Mindestlohn ein, um der Zunahme an Dumpinglöhnen entgegenzuwirken. Weniger Beschäftigte sollen auf Hilfe vom Staat angewiesen sein. So könnten bundesweit nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums bis zu 3,7 Millionen Arbeitnehmer mit Lohnerhöhungen rechnen und so die Binnennachfrage stärken.
Für die Region Trier bedeutet die Einführung des Mindestlohns laut DGB-Berechnungen für 9,1 Prozent der insgesamt 104.000 Vollzeitbeschäftigten ein Lohn-Plus. Denn etwa 9450 von ihnen müssen heute mit weniger als 8,50 Euro Stundenlohn auskommen. Berücksichtigt man dabei auch rund 43.000 sozialversicherte Teilzeitbeschäftigte sowie rund 38.000 Minijobber, erhöht sich der Anteil derjenigen, die vom Mindestlohn profitieren könnten, nochmals.
Dabei zeigt sich, dass der Niedriglohnbereich bundesweit wie in der Region auch weiblich dominiert ist: Während nur rund 4,7 Prozent der vollzeitbeschäftigten Männer zwischen Eifel und Hunsrück brutto weniger als 1500 Euro monatlich verdienen, liegt der Anteil bei den Frauen mit 20,5 Prozent fast viermal so hoch. DGB-Regiongeschäftsführer Christian Z. Schmitz geht nicht nur davon aus, dass "die Akzeptanz bei den Unternehmen Schritt für Schritt zunehmen wird, wenn sie sicher sein können, dass der Mindestlohn auch von der Konkurrenz bezahlt wird", sondern auch, dass "gerade regional ausgerichtete Unternehmen vom Mindestlohn profitieren werden".
Er belegt dies mit Ergebnissen einer Studie des Pestel-Instituts aus Hannover. Das hat bundesweit für einzelne Regionen ermittelt, dass die Einführung des Mindestlohns etwa für die Region Trier zu Kaufkraftgewinnen in Höhe von mehr als 122 Millionen Euro im Jahr führt.
Gar aufgeteilt auf die einzelnen Kreise bewirkt der Mindestlohn laut den Regionalforschern im Vulkaneifelkreis und im Kreis Bernkastel-Wittlich ein Kaufkraftplus je Einwohner von bis zu 300 Euro im Jahr. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm und in der Stadt Trier ist es ein Plus von bis zu 260 Euro und im Kreis Trier-Saarburg von immerhin noch bis zu 220 Euro im Jahr.Extra

Der allgemeine, flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde greift vom neuen Jahr an. Bei einer 40-Stunden-Woche entspricht das 1473 Euro brutto im Monat. Profitieren sollen deutschlandweit rund 3,7 Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor. Um Langzeitarbeitslosen den Job-Einstieg zu erleichtern, kann bei ihnen in den ersten sechs Monaten vom Mindestlohn abgewichen werden. Für Unter-18-Jährige ohne Berufsabschluss, Auszubildende und Menschen mit Pflichtpraktika oder Praktika unter drei Monaten gilt der Mindestlohn nicht. Bisher gelten für rund vier Millionen Beschäftigte in 13 Branchen Mindestlöhne. Alle zwei Jahre soll er an die Tarifentwicklung in Deutschland angepasst werden. dpa

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