Unmoralische Kunden

TRIER. (hw) Für manchen Kunden mag es ein "Kavaliersdelikt" oder ein "Volkssport" sein. Für das Handwerk in der Region Trier sind säumige Zahler aber eine Existenzbedrohung: Jedes neunte Unternehmen ist durch die schlechte Zahlungsmoral bedroht.

"Die seit Jahren schlechter werdende Zahlungsmoral belastet das Handwerk zunehmend. Im vergangenen Jahr haben unsere Unternehmen Forderungsaussfälle von fast 38 Millionen Euro hinnehmen müssen", klagt Handwerkspräsident Rudi Müller. Eine Umfrage unter 1500 der insgesamt 6000 Handwerksbetriebe im Kammerbereich zeigt die Auswirkungen: Der Vorfinanzierungsbedarf für säumige Zahler belief sich 2004 auf rund 560 Millionen Euro. Das Handwerk kostet dies einen Zinsaufwand von rund sieben Millionen Euro. Ausfälle und Verzögerungen belasteten die Betriebe erheblich - das fehlende Geld schlage auf Investitionen und Beschäftigung durch. "Fast zwei Drittel der Betriebe sind so in ihrem Wachstum gehemmt", sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks. Dabei ist in den drei Kundengruppen - gewerbliche Kunden, Öffentliche Hand, private Kunden - die Zahlungsmoral seit 2000 erheblich gesunken. Die öffentlichen Haushalte seien zunehmend defizitär. Die Gewinne der Unternehmen und die Einkommen der Privathaushalte stagnierten oder gingen zurück, sagt Kocks. Vor allem die Öffentliche Hand bekommt von den Handwerksunternehmen schlechte Noten in Sachen Zahlungsmoral. "Viele Kunden versuchen, ihre wirtschaftliche Misere auf die Handwerker abzuwälzen. Mängel werden konstruiert, um den Handwerkerlohn drücken zu können", sagte der HWK-Hauptgeschäftsführer. Die Untersuchung der HWK zeige auch, dass das 2000 in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen nicht die erhofften Verbesserungen bewirkt habe. "Hier sind grundlegende Korrekturen notwendig", sagte der stellvertretende HWK-Hauptgeschäftsführer Josef Adams. Das Handwerk fordere unter anderem eine leichtere Durchsetzung von Abschlagzahlungen und eine Erhöhung der Verzugszinsen, damit Betriebe nicht mit Personal und Material so stark in Vorleistung gehen müssten. Neben dem politischen Druck, mit dem die HWK Gesetzesänderungen erreichen möchte, forciert die Kammer aber ihre Serviceleistungen (vom Forderungsmanagement bis zu wasserdichten Verträgen) für die Mitgliedsbetriebe. "Früher hieß es gutes Geld für gute Arbeit. Heute, mit der schlechten Zahlungsmoral, sind viele Handwerker in ihrer Existenz gefährdet," fordert Handwerkspräsident Rudi Müller ein Umdenken.

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