Warten auf die Aufträge

TRIER. Die Hartz-Reformen fordern ihre ersten Opfer: Rund 100 Mitarbeiter der neun regionalen Bildungsträger haben ihren Job verloren oder stehen mit ihrem Namen auf der Streichliste. Grund: Wegen veränderter Ausschreibungspraxis für die Weiterbildung von Arbeitslosen fließt weniger Geld an die Anbieter in der Region.

Vor drei Monaten haben die Bildungsträger der Region bereits gewarnt: Gemeinsam stemmten sich Tüv Akademie Rheinland, Ibis Acam Region Trier, Überbetriebliches Ausbildungszentrum Wittlich, Dekra-Akademie, Target, Deutsche Angestellten Akademie (DAA) Zweigstelle Trier, Berufsbildungszentrum Bitburg-Prüm, Bürgerservice gemeinnützige Gesellschaft zur Integration Arbeitsloser sowie die Gesellschaft zur Förderung des Handwerks gegen die Folgen der Reformen am Arbeitsmarkt für die Weiterbildung von Arbeitslosen, kurz Hartz III genannt. Denn seit dem Herbst 2003 sind nicht mehr die örtlichen Arbeitsagenturen für die Vergabe von Trainings zuständig.Nur noch 25 Prozent vor Ort vergeben

Die Lose für die Schulung der 14 000 Arbeitslosen in der Region Trier werden nun bundesweit ausgeschrieben, so dass sich selbst die Behörden vor Ort häufig über den neuen Partner erst informieren müssen. Denn: Der günstigste Anbieter kommt zum Zug, mit "Dumping-Angeboten", kritisieren die Bildungsträger. Lediglich über 25 Prozent aller "Maßnahmen" kann die Behörde vor Ort noch selbst entscheiden. 2004 hat die Trierer Agentur für "Eingliederungstitel" wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Ausbildungsbegleitende Trainings) rund 35 Millionen Euro zur Verfügung. Langsam zeichnen sich für die Bildungsträger die ersten Folgen ab. Zahlreiche Pädagogen, Ausbilder und Meister haben bereits ihren Job verloren, die Bildungsträger rechnen mit 100 von 300 Stellen, die wegfallen könnten. Allein bei der Gesellschaft zur Förderung des Handwerks der Handwerkskammer (HWK) sind 21 Stellen per Kündigung, Aufhebungsvertrag oder auslaufendem Zeitvertrag gestrichen. Auf 1,5 Millionen Euro von geschätzten vier Millionen Euro weniger in der Region muss allein die Kammer verzichten, sagt der stellvertretende HWK-Hauptgeschäftsführer Josef Adams. Nicht, dass ihn das tröste, aber: "Wir sind da leider in guter Gesellschaft." So sind etwa bei der DAA von 14 Mitarbeitern nun drei auf der Straße, beim Überbetrieblichen Ausbildungszentrum Wittlich stehen zehn von 60 Arbeitsplätzen auf der Kippe. "Es ist schlimmer denn je", beschreibt Ulrike Katschinski-Niemeyer von der DAA die Situation. Es gebe nur noch kurzfristige Ausschreibungen für den September und dann nur für fünf Wochen. Der Verwaltungsaufwand sei dafür immens. "Zunehmend wird es schwerer, die Qualität hoch zu halten", sagt sie. Was Katschinski-Niemeyer ärgert, ist die Vergabe-Praxis. Bei Personal, Räumen, Computern und Mobiliar würden unterschiedliche Standards für regionale und überregionale Anbieter gelten. "Bildungsinfrastruktur geht kaputt", ist Josef Adams von der HWK überzeugt. Auch beim Bitburg-Prümer Berufsbildungszentrum (Bebiz) und Überbetrieblichen Ausbildungszentrum (ÜAZ) hängen viele Aufträge noch in der Luft. Für den Rest des Jahres zu planen, ist dort kaum möglich. "Wir glauben, dass wir mit einem blauen Auge davon kommen", hofft Jörg Scholtes vom Bebiz. Während die Arbeitsagentur vor allem im Erwachsenenbereich spare, setze man in Bitburg auf die Förderung von Jugendlichen. ÜAZ-Geschäftsführer Klaus Hünnekens verlagert dagegen die Arbeit auf private Aufträge. Inzwischen ist das Haushaltsaufkommen durch die Arbeitsagentur von 85 auf 65 Prozent gesunken. Dennoch: Als einziger Träger in der Region bietet das ÜAZ in Internats-Form einen zweijährigen Förderlehrgang für Jugendliche an. 1,3 Millionen Euro stehen im nächsten Kurs laut Hünnekens auf dem Spiel: "Doch wir warten immer noch auf die Ausschreibungen für den Beginn an Sommer-Ende. " Eine Sorge, die man bei der Trierer Agentur für Arbeit teilt. "Wir sind gerade im Umschwung auf die neue Struktur", sagt Reinhilde Willems von der Trierer Agentur für Arbeit und zuständig für die Zentral-Vergabe. "Wir gehen aber davon aus, dass die Vergabe künftig feiner gestrickt ist und Qualität sich durchsetzt", sagt sie und ermuntert die regionalen Bildungsträger, mit Bewerbungen nicht nachzulassen.

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