Wie viel Steuer darf's denn sein?

TRITTENHEIM. Oma macht sich Sorgen um ihr Einkommen: Die Neuregelungen zur Rente nach dem geplanten Alterseinkünftegesetz sind Thema bei der Familie Vogel.

Eigentlich sollte es ja ein lustiger Ausflug an die Mosel werden - und dann geht's doch schon wieder um die Politik: Von Trier ist Tina Vogel (30) mit ihren beiden Kindern Tobias (10) und Tabea (3) und ihrem neuen Freund Rolf Zander nach Trittenheim zu Oma Thea gefahren. "Das ist Rolf", stellt Tina der Großmutter ihren neuen Freund vor. "Er ist Wirtschaftsexperte." Am gemütlich gedeckten Kaffeetisch spricht Thea eine Frage an, die ihr besonders am Herzen liegt: "Junger Mann, ich hab' da in der Zeitung gelesen, ich muss demnächst auf meine Rente Steuern zahlen", wendet sie sich an Zander. "Sie kennen sich doch bestimmt damit aus." Tobias verdreht die Augen, er hat schon mehrfach erlebt, was passiert, wenn man Rolf auf sein Fachgebiet anspricht: Er wird den Rest des Nachmittags nur noch unverständliches Fachchinesisch von sich geben. Aber, so schlimm kommt es dann doch nicht. "Machen Sie sich mal keine Sorgen", beruhigt Rolf die Oma. "Nächstes Jahr müssen nur Leute Steuern zahlen, die eine hohe Rente haben - oder Zusatzeinkünfte. Wenn ich sie fragen darf: Wie viel bekommen sie denn?" Gut 14 000 Euro bekommt sie im Jahr. "Schließlich habe ich immer meine Beiträge gezahlt", bemerkt sie stolz. "Naja, damit werden 2005 noch keine Steuern fällig", sagt Zemmer. "Zehn Jahre später müssen sie allerdings zahlen - aber nicht viel. Das liegt daran, dass der Freibetrag von 50 Prozent für 2005 nicht als Prozentsatz, sondern als fester Eurobetrag bestimmt wird. Wenn die Rente erhöht wird, müssen Sie diesen Anteil voll versteuern." Er wirft einen Blick in Unterlagen, die er zufällig dabei hat. "Berechnungen gehen von 43 Euro im Jahr 2015 aus. Aber, wie sieht's denn bei Ihnen mit Nebeneinnahmen aus? Dann könnte sich ein anderes Bild ergeben." Nachdem sie das Weingut, das sie zusammen mit ihrem Mann bewirtschaftet hatte, verkauft hat, hat Thea Vogel den Erlös in zwei große Eigentumswohnungen gesteckt. Eine bewohnt sie selbst, die andere ist vermietet. Rund 500 Euro nimmt sie dadurch im Monat ein. "Tja, das sind dann insgesamt 20 000 Euro an Einkünften; dann werden Sie wohl schon nächstes Jahr Steuern zahlen müssen", erklärt Zemmer. "394 Euro sind das nach meiner Tabelle, zehn Jahre später werden 914 Euro fällig." Müde räkelt sich Tim auf seinem Platz, Schwesterchen Tabea hat inzwischen ein großes Stück Sahnetorte gleichmäßig über ihren Teller und ihr T-Shirt verteilt. "Wie ist denn das mit mir?", will Tina Vogel wissen. "Naja, erstmal zahlst Du noch eine ganze Menge in die Rentenversicherung ein", sagt Rolf. "Wenn Du dann im Jahr 2038 in Rente gehst, musst Du fast Deine gesamten Bezüge versteuern. 98 Prozent, genauer gesagt." Tina wirkt etwas beunruhigt. "Mache ich durch das Gesetz denn Gewinn oder Verlust", will sie wissen. "Du stehst mit ziemlicher Sicherheit schlechter da als nach der alten Regelung", erklärt Zander. "Ich habe hier eine Beispielrechnung vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger. Ein heute 29-jähriger Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 30 000 Euro, der 45 Jahre eingezahlt hat, hat beim Renteneintritt im Jahr 2038 knapp 60 000 Euro aus versteuertem Einkommen an Beiträgen gezahlt. Wenn er 16 Jahre lang Rente bezieht, bekommt er aber nur 11 200 Euro steuerfrei, doppelt besteuert werden über 48 000 Euro." Tina guckt zweifelnd. "Natürlich sind solche Rechnungen nur beschränkt aussagekräftig", erklärt Rolf. "Der Trend ist aber eindeutig." "Aber, für wen lohnt sich denn das neue Gesetz dann", will Tina wissen. "Es soll den Staat doch über 20 Milliarden Euro kosten." Rolf schaut zu Tabea auf. "Für sie zum Beispiel. Wenn sie erst nach 2025 anfängt zu arbeiten, zahlt sie keine Steuer auf ihre Rentenversicherungsbeiträge, sondern nur noch auf die Rente. Sie hat also im Alter weniger Geld, während ihres Berufslebens aber mehr. Zumindest einen Teil davon sollte sie natürlich in eine private Altersvorsorge stecken."

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