Müll-Millionen und die Madentonne

Trier · Darf die Region Trier auch in Zukunft auf die Biotonne verzichten? Die Anzeichen mehren sich, dass diese Frage letztlich vor Gericht entschieden wird. Denn die zuständige Behörde wird den Trierer Sonderweg wohl ablehnen.

Trier. Im schmucken Mertesdorfer Hotel Weis trafen sich gestern Wissenschaftler, Politiker und Abfallexperten aus verschiedenen Ländern. Vorgestellt wurde ein Projekt, das vielerorts interessiert beäugt und deshalb auch von der EU mit zwei Millionen Euro gefördert wird. Die Fragestellung: Wie sortiere ich aus dem getrockneten Restmüll Biomasse aus, der dann als hochwertiger Brennstoff verbrannt werden kann? Dass dies möglich ist und auch funktioniert, steht für Projektleiter Professor Thomas Pretz von der Uni Aachen bereits fest, obwohl das MARSS-Projekt noch läuft. "Eine große Chance für viele EU-Länder", meint der Wissenschaftler.
Das Kuriose an dem in der Mertesdorfer Trocknungsanlage laufenden Projekt: In Deutschland selbst hält sich die Begeisterung in Grenzen. Denn ab 1. Januar nächsten Jahres müssen bundesweit Bioabfälle getrennt gesammelt werden. Das steht im Kreislaufwirtschaftsgesetz. Da ist eine Anlage wie die Mertesdorfer, die zeigt, dass der Bioabfall auch im Nachhinein aus dem Hausmüll gefischt werden kann, eher hinderlich.
In dem Gesetz steht allerdings auch, dass bei einem gleichwertigen anderen Entsorgungsverfahren eine Befreiung von der Biotonne, von Kritikern despektierlich "Madentonne" genannt, möglich ist. Auf diese Karte setzen die im Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) zusammengeschlossenen Kommunen. Ob der angestrebte Sonderweg abgesegnet wird, hängt von der für Abfall zuständigen Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) ab. Mehrere Gutachten spielen dem RegAb zwar in die Karten, wurden allerdings auch vom Zweckverband selbst in Auftrag gegeben.
Bei der Koblenzer SGD scheinen auch die nachgebesserten Versionen auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Das jedenfalls ist der Eindruck der RegAb-Verantwortlichen, wie sie gestern unserer Zeitung sagten. Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU) nutzte denn auch das Mertesdorfer Treffen der europäischen Abfallexperten zum Pausenplausch mit SGD-Präsident Ulrich Kleemann. "Ich habe ihn gebeten, die Gutachten gründlich zu prüfen und uns notfalls noch eine Möglichkeit zur Nachbesserung einzuräumen", meinte Schartz. Das klang wenig optimistisch.
Behördenchef Kleemann sagte im Gespräch mit dem TV eine gründliche Prüfung des Trie rer Modells zu - und eine rasche Entscheidung. Bis Ende dieses Monats soll demnach über den Trierer Sonderweg entschieden sein.

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