Durstige Bahnwärter

Die Fußgängerbrücke über die Eisenbahn in der Wengerohrer Bahnhofstraße verbindet Alt-Wengerohr mit dem neuen Teil des Wittlicher Stadtteils. Heute erzählen Hermann Mechtel, Franz Monzel, Egon Neumann, Albert Theisen, Hermann Sartoris, Manfred Grau und Wilfried Heib von den Schrankenwärtern und ihrer Arbeit.

Wittlich-Wengerohr. (ger) 1976 wurde die Bahnunterführung in Wengerohr fertig gestellt. Bis dahin gab es insgesamt vier beschrankte Bahnübergänge. Das Schrankenwärterhäuschen in der Nähe der Fußgängerbrücke bediente die vier Schranken, die beim Gasthaus Servatius und auf der gegenüberliegenden Schienenseite in der Bahnhofstraße den Verkehr für die Strecken nach Trier und nach Wittlich regelten. Dieses Häuschen war Tag und Nacht besetzt. Posten 62 wurde es bahnoffiziell genannt. Etwa alle zehn Minuten wurden die Schranken geschlossen. Da passierte es schon mal, dass Fahrzeuge inmitten der Gabelung zwischen denn zwei Bahnstrecken stehen blieben, weil die Fahrzeugschlange ein zügiges Vorankommen nicht zuließ. Das war für die Schrankenwärter sehr beunruhigend, und sie schrieen lauthals den Autofahrern zu, so was zukünftig zu unterlassen und notierten die Autonummer. Eine weitere Schranke befand sich zwischen der Wittlicher und der Trierer Strecke an einem Feldweg zwecks Viehtrift. Diese Schranke konnte vom Posten 62 eingesehen werden und wurde bei Bedarf geöffnet. Noch weiter Richtung Wittlich an der Straße nach Altrich befand sich ebenfalls ein Bahnübergang (zeitweise Halbschranke mit Blinklicht), wie sie bis vor wenigen Wochen noch zu sehen war. An der Strecke nach Koblenz war in der Nähe der Firma Dr. Oetker bei der Schwarzen Brücke ein Übergang für den landwirtschaftlichen Verkehr (Posten 61) besetzt bis 1975, später als Rufschranke. Die Strecke nach Bernkastel führte über die Bernkasteler Straße am Ortsausgang (Haus Nohn). Dort war der Bahnwärterposten 1 von morgens 5.30 Uhr bis abends 22 Uhr platziert. Weil dort weniger Zugverkehr herrschte, waren die Bahnwärter oft weg. "Die hatten immer Durst", erzählt Franz Monzel. "Als Kinder haben wir schon mal aus Jux und Tollerei die Schranken auf- und zugedreht." Das fiel damals weniger auf, weil die Bernkasteler Straße in den 40er und 50er Jahren im Gegensatz zu heute kaum Durchgangsverkehr aufwies. Ebenfalls vom Posten 1 wurde eine weitere Schranke in dessen Blickweite am Wahlholzerweg in der Nähe der so genannten Lügenbank bedient. Zudem befand sich zwischen beiden Schranken in der Bernkasteler Straße ein weiterer unbeschrankter Bahnübergang. Apropos Durst: Je nachdem, wie weit sich durch die Wartezeiten die Autos in die Bernkasteler Straße zurückstauten, kam es schon mal vor, dass Ortskundige ausstiegen und in die Gaststätte Servatius einkehrten, um auf die Schnelle ein Bierchen zu trinken.

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