Eifel-Herbstmädchen lesen Trauben

Kröv · Der Wein ist für Hubertus Klein ein Kulturgetränk, weil er eine 2000-jährige Tradition hat, früher ein Handelsgut war und die Weinberge an der Mosel landschaftsprägend sind. Was er bei der Traubenlese vermisst und was heute aus seiner Sicht besser ist, verrät er im Gespräch mit dem TV. Die Fragen stellte unsere Mitarbeiterin Christina Bents.

Kröv. Im Herbst kommen Tausende Touristen während der Traubenlese an die Mosel. Was sich in den vergangenen Jahrzehnten bei der Ernte der edlen Früchte geändert hat und wie es früher im Berg zuging, weiß Winzermeister Hubertus Klein aus Kröv. Im Interview hat er von seinen Erfahrungen erzählt.Was hat sich am auffälligsten an der Traubenlese geändert?Hubertus Klein: Früher sind ganze Völkerscharen und Familien zur Traubenlese ausgerückt. Damals wurde der Berg abschnittsweise in kleinen Parzellen gelesen und es war ein ganz schönes Gewusel im Berg. Heute ist es körperlich weniger anstrengend, aber dafür hektischer, was an der positiven Entwicklung des Tourismus an der Mosel liegt.Bei der Ernte kamen früher viele Helfer aus der Eifel. Einige Helferinnen sind auch danach geblieben. Wie ist das Verhältnis zwischen Mosel und Eifel?Klein: Der einzige Nachteil der Vollernter an der Mosel ist tatsächlich, dass die Herbstmädchen aus der Eifel nicht mehr kommen, weil durch die maschinelle Traubenlese keine Arbeit mehr für sie da ist. Viele haben sich sehr an der Mosel engagiert, beispielsweise im wirtschaftlichen und technischem Bereich. Passen die Mentalitäten der Eifel und der Mosel aus ihrer Sicht zusammen?Klein: Die Eifeler sind eigenständig, knorrig und erdverbunden. Besonders schätze ich ihre direkte und ehrliche Art. Die Moselaner sind durch den Tourismus weltoffen und durch den Wein fröhlich. Gemeinsam ist ihnen, dass beide sehr fleißig sind.Was ist denn ein Moselochse?Klein: Die ganze Diskussion ist überzogen. Ich finde es schade, dass man in Deutschland die eigenen Produkte nicht positiver sieht.Welche Bräuche gab es früher rundum die Traubenlese, die heute nicht mehr praktiziert werden?Klein: In einigen Orten haben die Winzer den letzten Erntewagen bunt geschmückt und es wurde beim Lesen gesungen. Man sagt, dass die Helfer durch das Singen die Trauben nicht essen konnten. Aber glauben sie mir, in manchen Jahren haben die Trauben nicht zum Naschen eingeladen.Welches ist ihr Mosel-Lieblingslied?Klein: Eigentlich habe ich keins. Schön finde ich, wenn nach einer erfolgreichen Weinprobe zur Stimmung passend "Im weiten Deutschen Lande" gesungen wird.Was ist ein typisches Weinlese-Essen?Klein: Gräves ist immer noch das Weinlese-Essen. Es ist rustikal und wenn man die Kartoffeln in Fleischbrühe gart, wird es besonders lecker. Dazu ein halbtrockener Riesling, mit dem man nicht sparen sollte. Das gibt Kraft für die weitere Lese.Wie haben sich die Weine in den vergangenen Jahren entwickelt?Klein: Heute sind sie auf jeden Fall in der Breite besser. Früher haben sie uriger geschmeckt. Das liegt an den klimatischen Bedingungen. Kellertechnisch waren besonders die Jahrgänge 1982, 1987 und 2013 eine Herausforderung.Wie hat sich das Verhältnis der Winzer untereinander entwickelt? Früher haben sich die Winzer nicht in die Karten schauen lassen.Klein: Das ist aber schon einige Jahrzehnte her. Als ich in der Weinbauschule war, Ende der 1950er Jahre, hat man sich schon gegenseitig besucht und Weine probiert. Heute sind Jungweinproben, auf denen denen sich die Winzer austauschen, ganz normal.Wann haben Sie Ihr erstes Glas Wein getrunken?Klein: Das weiß ich nicht mehr. In der Schule hatten wir einmal 700 Flaschen Leergut. Das gab Ärger. Übrigens war der Wittlicher Wein besonders beliebt bei uns, denn der hatte mehr Säure . chbExtra

Hubertus Klein ist 69 Jahre alt, hat Winzer gelernt und seinen Meister gemacht. Seinen Betrieb hat er in Kröv. Er war Kreisvorsitzender und stellvertretender Kreisvorsitzender im Kreisbauernverband. chb

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