Ein Heiratsantrag und zwei Flitzer aus dem Badezuber

MANDERSCHEID. Trefflich! Wohl getan! Das Manderscheider Burgenfest war für tausende Besucher wieder ein Erlebnis. Ein Höhepunkt jagte den nächsten: Dazu gehörten ein stilvoller, aber echter Heiratsantrag, das Feuerwerk mit 1200 Raketen und zwei Flitzer.

Kurz vor dem Nachtturnier auf der Turnierwiese. Im Scheinwerferlicht kniet der Trierer René Thomassin - gewandet wie ein stattlicher Ehrenmann - danieder. Per Mikrofon stellt er die alles entscheidende Frage: "Sonja, willst du meine Frau werden?" Die Antwort folgt prompt: Sie streckt die Arme aus, er eilt hinein, ein langer Kuss, das Volk jubelt. Ob das Mittelalter so romantisch war? Egal, das Burgenfest war es jedenfalls. Zumindest für eine kurze Zeit. Mit seiner typisch lästerlichen Rede setzte der Herold einen Kontrapunkt. Er verkündete: "Das Turnier beginnt wegen lang anhaltender Zärtlichkeiten eine halbe Stunde später", und: "Der Nachteil ist, das Erstgeborene gehört den Rittern." Dessen ungeachtet stürzten sich die Ritter alsbald in ihr großes Turnier. Dabei mussten sie nicht nur Geschicklichkeit, sondern auch Mut beweisen. Galt es doch durch loderndes Feuer zu reiten. Dass zwischendrin der Regen strömte und deshalb zwei Schweinwerfer abdankten, tat der Stimmung keinen Abbruch. Das Volk hüllte sich in seine Mönchskutten oder auch Regenjacken, einige machten den Schirm auf. Und die Schweinwerfer? Die gab es im Mittelalter sowieso nicht, Schwamm drüber. Wer zum Manderscheider Burgenfest kommt, der stört sich nicht an Kleinigkeiten wie dem Wetter oder der Technik. Der oder die will eintauchen ins Mittelalter und in die freudige Stimmung auf der Burgruine, die ein Heer von Manderscheidern, insbesondere Vereinsleuten, ermöglicht hat.Vielfältiges Publikum: Von Familien bis Goten

Angelockt werden von dem Fest ganz unterschiedliche Menschen aus Nah und Fern. Da ist die Familie mit zwei Kindern (kleine Ritter versteht sich) aus dem Ruhrgebiet. Sie hat ihre Plätze in der Jugendherberge bereits im vergangenen Jahr gebucht und fürs nächste Jahr auch schon alles klar gemacht. Da sind die Mittelalter-Fans, die sich fast jedes Wochenende auf einer anderen Festivität in die Zeitmaschine setzen. Jede Menge Belgier, Holländer und Amerikaner fröhnen dem Burgenzauber. Interessant ist auch die Gruppe der Goten, die aus der gesamten Republik angereist kommt. Diese Menschen wurden früher Gruftis genannt und sind - auch im gewöhnlichen Leben - komplett schwarz und wallend gekleidet. Sie hören laut Michael Weyer, der sich selbst als Gote bezeichnet, in der Regel Gothic, eine eher düstere Musik, die schon mal mittelalterliche Elemente enthält und Hexen und den Satan zum Thema hat.Bar jedes Kleidungsstückes um die Bühne geflitzt

Sie alle können sich beim Burgenfest an einer schier unendlichen Vielfalt von Angeboten laben. Altes Handwerk wie Weben und Spinnen wird gezeigt. Echte Messer und Holzschwerter werden verkauft. Musik, Tanz, Erzählkunst und Gaukelei unterhalten die Besucher. Speziell für Kinder gibt es das Kinderritterturnier und das Marionettentheater. Große Attraktionen sind neben den Ritterturnieren, die Schwertkampf- und die Greifvogel-Vorführungen und natürlich das Brillantfeuerwerk. Das ist laut Martin Ruzanski von der Mühlenbacher Firma Steffes-Ollig jedes Jahr mit Neuheiten aus China bestückt. 1200 Raketen schossen in diesem Jahr in den dunklen Himmel und verzückten mit ihrem Farbenreichtum und ohrenbetäubendem Knallen die Zuschauer. Jedes Jahr dabei ist der Wasserfall, bei dem goldenes Feuer den Burgturm hinab zu rieseln scheint. Und nach dem Feuerwerk war immer noch nicht Schluss. Auf der Bühne der Turnierwiese unterhielten die Gaukler mit Feuerspielen, und zu ihren Füßen gab es eine ungeplante Attraktion. Zwei Flitzer, die vermutlich aus dem Badezuber getürmt waren, umrundeten bar jedes Kleidungsstückes die Bühne. Lustiges Mittelalter - oder zumindest lustiges Burgenfest.

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