Eine Liebe, die durch Mauern geht

Detlef G. aus der Nähe von Bleialf sitzt seit sechs Monaten hinter Gittern, weil er 70 Gramm Marihuana an einen Freund verkauft hat. Drei Jahre Haft lautete das Urteil. Für den bislang unbescholtenen Detlef G. war das ein Schock: Würde das Gefängnis ihn von seiner Frau und seinen beiden Kindern entfremden?

 Detlef G. arbeitet während seiner Haftzeit in der Gefängnis-Bücherei. Er selbst liest am liebsten Bücher über Psychologie und Esoterik. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Detlef G. arbeitet während seiner Haftzeit in der Gefängnis-Bücherei. Er selbst liest am liebsten Bücher über Psychologie und Esoterik. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Wittlich. (sys) Ein einziges Mal war seine Tochter bei ihm im Gefängnis. "Es fällt ihr schwer", sagt Detlef G. Sein 20-jähriger Sohn, der gerade seine Lehre abgeschlossen hat, hat einen Besuch bisher gänzlich abgelehnt. Detlef G. versteht seine Kinder.

Das Wichtigste sind für ihn die Besuche seiner Frau. Sie kommt jeden zweiten Dienstag für eine Stunde. Mehr ist nicht erlaubt. Dann halten sie Händchen und reden. "Das ist das Größte", sagt Detlef G. In ein paar Tagen sind er und seine Frau 21 Jahre verheiratet.

"Geld habe ich keins, um ihr Blumen zu schicken", sagt er. Er malt ihr ein Bild oder schreibt ihr ein Gedicht.

Zwar arbeitet der 52-Jährige in der Gefängnis-Bücherei, aber die Hälfte der 110 Euro, die er als "Hausgeld" zu seiner Verfügung hat, sendet er seiner Frau. Damit ist er eine Ausnahme unter den Häftlingen. 20 Euro verbleiben ihm für die Miete des Fernsehers und 30 Euro legt er zur Seite, damit er alle zwei Tage mit seiner Frau telefonieren kann.

"Sie muss kämpfen", sagt Detlef G. bedrückt. 590 Euro erhält sie monatlich als Frührente. Von denen muss sie die Miete und ihr Leben bestreiten. Nach dem Preisanstieg fürs Heizöl reicht das Gesparte nicht, um über den Winter zu kommen. Die einzige Lösung sieht Detlef G. darin, möglichst bald in den offenen Vollzug zu kommen, um eine feste Arbeit annehmen zu können.

Tischtennis, Literaturkreis und Eheseminar



Seine Aussichten sind gut. Denn er steht zu seiner Tat und bereut sie, er engagiert sich vorbildlich im Knastleben und nimmt viele Angebote wahr: vom Tischtennis über den Literaturkreis bis zu einem Eheseminar. Langweilig ist ihm nicht. Neben seiner Arbeit liest er viel, am liebsten Sachbücher aus der Psychologie und Esoterik.

Was ihn im Knast stört, ist das Verhalten vieler Mitgefangener, denen alles gleichgültig zu sein scheint. Beim Hofgang müsse er aufpassen, wohin er trete, weil 50 Leute um ihn herum in alle Richtungen ausspucken, erzählt er kopfschüttelnd. Beim täglichen Duschen herrsche ein "Höllenspektakel", wenn sich bis zu 70 Männer 15 Duschen teilen.

Den Muskelspielen, mit denen Gefangene bei dieser und anderen Gelegenheiten ihre Macht demonstrieren wollen, geht Detlef G. aus dem Weg.

Was ihn am allermeisten stört, zeigt sich allmorgendlich auf dem Gefängnisrasen unter den Zellenfenstern. Dann liegen dort Brote, volle Marmeladengläser, Margarinedosen und andere Lebensmittel, die Häftlinge aus ihren Fenstern werfen. "Ohne Hirn! Das tut mir weh. Ich versteh' das nicht", schimpft Detlef G.

Alles tun, um die Haftzeit zu verkürzen



Der gelernte Kraftfahrer mit Fach abitur hatte es nicht leicht in seinem Leben: 1997 erlitt er bei einem Unfall einen Genickbruch. Seitdem plagen ihn starke Kopfschmerzen, die er mit Marihuana zu bekämpfen versuchte. Er ist an Hepatitis C erkrankt, hat eine Chemotherapie hinter sich, seine Tochter leidet an Epilepsie und seine Frau ist psychisch erkrankt.

Am meisten fehlen ihm die langen Abendspaziergänge mit seiner Frau. "Aber das kommt wieder", sagt er. Dass er alles dafür geben wird, seine Haftzeit auf zwei Drittel zu verkürzen, unterstreichen die Tränen in seinen Augen, wenn er an seine Frau denkt.

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