(K)eine Sache der Ehre

Wittlich/Köln · Ein junger Mann will ins Rampenlicht. Er macht bei einer Fernseh-Show mit. Danach hagelt es Kritik. "Unsympath der Nation", "nervigster Kandidat" titeln Massenmedien. Mit dieser Form von Berühmtheit muss sich der Wittlicher Marvin Stablo nach der Ausstrahlung von "Die beste Show der Welt" auseinandersetzen (der TV berichtete). Die Kritik findet er hart und teils unverständlich.

 Show gewonnen, Kritik geerntet: Marvis Stablo (rechts) in „Hart aber unfair“. Foto: © ProSieben/Guido Engels

Show gewonnen, Kritik geerntet: Marvis Stablo (rechts) in „Hart aber unfair“. Foto: © ProSieben/Guido Engels

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Wittlich/Köln. Ein Wittlicher schreibt Fernsehgeschichte. Jedenfalls ist Marvin Stablo (25) nach der Ausstrahlung der neuen Sendung von Joachim "Joko" Winterscheid (37) und Klaas Heufer-Umlauf (32) alias Joko und Klaas am Samstag nicht nur bei Medien wie Bild oder Focus Thema. Vielleicht anders als erhofft, denn normalerweise will man wohl nicht als "Unsympath der Nation", "nervigster Kandidat" "geldgeil" und so weiter bezeichnet werden. Oder ist das alles nur ein Spiel? Immerhin ist der gebürtige Bernkasteler, aufgewachsen im Hunsrück und nun Wahl-Wittlicher und FDP-Stadtverbandsvorsitzender, der aktuell bei einer Zeitarbeitsfirma als Personalberater arbeitet, im Show-Part "Hart aber unfair" aufgetreten."Das ist Wahnsinn"


Am Montag sagt er: "Mit einem so großen Echo habe ich nicht gerechnet. Immerhin ist die Aufzeichnung schon Monate her. Das ist Wahnsinn, dass im Zusammenhang mit der Show jetzt nur darüber gesprochen wird."
Zwar lässt sich über Geschmack streiten, aber wo unfair sein gefordert ist, müsste unfair sein doch beklatscht werden? Dem ist nicht so. Nach der Ausstrahlung hagelt es Kritik, denn Stablo hat gewonnen und 8000 Euro eingesteckt. Dafür war er jedoch "unfair", hat seine Mitkandidatin sozusagen übers Ohr gehauen.
So war es auch erwünscht, oder? Mitnichten. Denn das geht manchem doch zu weit. Dabei lautete die offizielle Frage des verantwortlichen Senders Pro7 ganz offiziell: "Wer im Publikum würde sich selbst als geldgeilen Arsch bezeichnen? Wer würde für Geld über Leichen gehen?"
Das kann man unmöglich finden. Marvin Stablo aber hat sich vor eineinhalb Jahren bereits für dieses Quizduell der besonderen Art, die "Spielshow für Charakterschweine" (BILD.de), beworben und es bis ins Finale geschafft. "Es ging vor allem darum, sich selbst gut darzustellen und andere rauszuhauen", hatte der 25-Jährige vor der Ausstrahlung vergangene Woche noch dem TV gegenüber gesagt.
Seit Sonntag muss er lesen, dass das mit dem "gut darstellen" nicht unbedingt geklappt hat."Einfach nur geil"


Jedenfalls fragte nach der Sendung Bild.de: "Ist das der fieseste TV-Kandidat aller Zeiten?" Das kann man durchaus mehr oder weniger ironisch auffassen. Das Sendeformat jedoch ist per se eher auf schwarz-weiß denn auf Zwischentöne ausgelegt.
Es gibt aber auch Zustimmung, die Aufforderung, nicht alles zu ernst zu nehmen: Auf facebook schreiben Menschen: "Martin S. for president", "Alles richtig gemacht", Ich fand' es einfach nur geil". Die FDP vor Ort reagiert ebenfalls gelassen. Thomas Losen, FDP-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Wittlich: "Was Herr Stablo in seinem Privatleben macht, hat nur er selbst zu verantworten."
Der Trierische Volksfreund hat Marvin Stablo am Montag per E-Mail zu den Ereignissen befragt:
Alles wirklich nur ein Spiel? Wie gehen Sie mit der teils massiven Kritik an Ihnen als Person um, immerhin reichen die Schlagzeilen von "Unsympath der Nation" bis "geldgeil"?
Marvin Stablo: "Die Kritik ist schon hart, aber auch teilweise unverständlich. Von Drohungen bis Lob ist alles dabei. Am Ende des Tages war es eine Unterhaltungsshow die sich "Hart, aber unfair" nannte. Die Sendung sollte polarisieren, und Pro7 hat dazu eine polarisierende Persönlichkeit gefunden. "Geldgeil" kann man übrigens auch nicht sagen. Ich habe die Variante Risiko gewählt und damit auch die Möglichkeit, bei null Euro zu landen."
Nun mit etwas Abstand: Wie würden Sie sich verhalten, stünden Sie nochmals mit Kandidatin Julia im Finale?
Stablo: "Als ich dort stand, war ich der Meinung, Julia würde auch Risiko nehmen. Wir kannten uns nicht und wurden Backstage völlig voneinander abgeriegelt. Es war eine nicht alltägliche Situation unter Hochdruck. Wir mussten in Sekunden Entscheidungen treffen und einen völlig fremden Menschen in Sekunden einschätzen. Ich würde wohl eine überlegtere Entscheidung treffen. Während man vor 600 Zuschauern im Studio und sieben Kameras steht, kommt man nicht dazu, darüber nachzudenken wie das im Nachhinein auf die Zuschauer zu Hause wirkt."
Welche Reaktion hat Sie wirklich getroffen, welche gefreut?
Stablo: "Die Reaktionen sind sehr geteilt. Ich bekomme Hassnachrichten wie auch Lob von Zuschauern, die sich gut unterhalten gefühlt haben und es nicht anders getan hätten. Nach der Ausstrahlung waren es innerhalb von einer Stunde circa 4000 Kommentare und 300 Nachrichten."
Wo liegt eigentlich Ihre Schamgrenze? Inwieweit sind Ihnen "Berühmtheit" und Geld wichtiger als so etwas wie die persönliche Ehre?
Stablo: In dem Moment ging es mir um das Gewinnen und den Ehrgeiz in mir. Es ging mir auch nicht darum, berühmt zu werden. Ich dachte auch viel weniger an das Geld. Es ging mir viel mehr darum, jetzt einfach mal zu zocken und das Risiko einzugehen nichts zu gewinnen.
Was machen Sie mit dem Geld?
Stablo: "Geplant habe ich noch nichts . Ich lasse es erstmal als Sicherheitspolster auf dem Konto. Gezockt habe ich ja jetzt genug."Meinung

Künstliche Aufregung
Der Show-Kandidat wusste, was er tut, wenn er in einem Fernsehformat mitmacht, das die einen geschmacklos finden und ignorieren, die anderen als großartigen Spaß ansehen. Nun wird auch von Letzteren die Moralkeule geschwungen, hört der Spaß auf. Nochmal zum Nachlesen: Der Titel der Show heißt: "Hart aber unfair". Das kann man per se niveaulos, dreist, beschämend finden. Dann sollte man erst garnicht einschalten. Angeblich haben 1,4 Millionen Menschen zugesehen. Wenn ein paar von ihnen sich nun mehr oder weniger künstlich aufregen, kann man ihnen nur raten: Das nächste Mal erst garnicht einschalten. Schlechte Quoten sind wirkungsvoller. s.suennen@volksfreund.de

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