Kleine Machos in der Krise

Jungen sind anders als Mädchen und haben in der Schule deshalb oft mehr Probleme. Was kann man dagegen tun? Über dieses Thema referierte Prof. Allan Guggenbühl bei einer Fachtagung in Wengerohr vor 130 Lehrern.

Wittlich-Wengerohr. "Eine Schule ohne Jungen wäre ein Paradies." Diese Aussage einer Lehrerin stellte Prof. Allan Guggenbühl an den Anfang seines Vortrags mit dem Titel "Kleine Machos in der Krise". 130 Lehrer aus ganz Rheinland-Pfalz lauschten seinen Ausführungen im Rahmen der Fachtagung "Jungen in der Schule", organisiert von den Schulpsychologischen Beratungszentren Gerolstein - Trier - Wittlich.

Humorvoll plädierte Guggenbühl für eine Schule, in der beide Geschlechter gefördert werden. Der Ist-Zustand ist seiner Meinung nach ein anderer. Eindrucksvoll skizzierte der Psychologe ein Schulsystem, in dem Jungen häufig als problematisch erlebt werden und infolgedessen auch mehr Probleme haben.

Jungen sind oft laut, stören den Unterricht und sind häufiger gewalttätig. Sie bleiben öfter sitzen und fliegen doppelt so oft vom Gymnasium wie ihre Mitschülerinnen. Bei 50 bis 60 Prozent der Schüler, meist Jungen, wird laut Guggenbühl ein Defizit diagnostiziert. Bedenklich nannte er das.

Guggenbühl führt diese Probleme auf ein Schulsystem zurück, in dem eher weibliche Verhaltensweisen gefragt sind. Doch nicht das überwiegend weibliche Lehrpersonal machte er dafür verantwortlich, sondern die Art der Pädagogik. So existiere beispielsweise das Dogma der geschlechtsneutralen Erziehung. Für Guggenbühl ist das kein Weg. Im Gegenteil. "Gleichberechtigung ist ganz wichtig, doch sie hat nichts mit Gleichheit zu tun", sagte er. Er plädierte dafür, die Unterschiede der Geschlechter wahrzunehmen.

Und wie sind Jungen? Guggenbühl betonte, dass nicht alle gleich seien, es jedoch klare Tendenzen gebe. Demnach wollen Jungen in Gruppen die Hier archien kennenlernen und stellen sich erstmal selbst dar. Mädchen suchen hingegen nach Einzelkontakten. Jungen unterbrechen und provozieren gerne. Aggressionen in gewissem Maße und Risiko sind für sie wichtig, "Harmonieterror" hingegen unerträglich.

Und wie können Lehrer da reagieren? Guggenbühl gab Tipps zu diesem Thema, das anschließend in Workshops vertieft wurde. Er sprach sich dafür aus, mehr Wettbewerbe und Jungenthemen wie Autos und Fußball in den Unterricht zu integrieren und nicht jede Aggression als pathologisch abzutun. Manche Provokation müsse knapp und entschieden zurückgewiesen werden, doch sollten Sanktionen die Jungen nicht ausgrenzen. Anflüge von Selbstüberschätzung sollten nicht einfach weggewischt werden, denn sie setzten auch jede Menge Energie frei.

Amüsiert erzählte Guggenbühl dazu ein Beispiel aus der Praxis: "Studentinnen geben ihre Arbeiten ab und sagen: Ich hoffe, dass sie gut ist. Ein Student hat mir seine Arbeit hingelegt und meinte: Sie können mich zitieren." Zur Person Prof. Allan Guggenbühl ist Psychologe und analytischer Psychotherapeut. Er leitet die Abteilung für Gruppenpsychotherapie für Kinder und Jugendliche an der kantonalen Erziehungsberatung der Stadt Bern und das Institut für Konfliktmanagement und Mythodrama in Bern und Zürich/Stockholm. Dar über hinaus ist er als Dozent für Psychologie und Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Zürich tätig. Guggenbühl ist kantonaler Schulberater und Autor mehrere Bücher, unter anderem von "Kleine Machos in der Krise."

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