Mahnen auf dem Marktplatz

WITTLICH. (sos) Mit einem kurzen Rückblick auf die Tradition des Gedenkens an die so genannte "Reichspogromnacht" in Wittlich, will der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich" auf seine Mahnwache am 9. November, ab 17 Uhr auf dem Marktplatz aufmerksam machen.

Sie stehen im Kreis um Kerzen, die den Davidstern symbolisch auf dem Marktplatz leuchten lassen. Sie schweigen. In den vergangenen Jahren wurden auch kurze Texte vorgetragen. Damit, wie es einmal hieß, "Auschwitz nicht irgendwann zu einem gewöhnlichen Vorfall unter anderen gewöhnlichen Vorfällen" im heutigen und zukünftigen Bewusstsein der Wittlicher wird. Sie, das sind Mitglieder des "Arbeitskreises jüdische Gemeinde Wittlich" und Passanten, die im Feierabendverkehr innehalten. Geschwiegen hat der Arbeitskreis nicht, als er hörte, dass das städtische Kulturamt ergänzend zum Gedenktag um 20 Uhr eine szenische Lesung "Liebesbriefe an Hitler" in der ehemaligen Synagoge plane. Man hat protestierend an den Stadtchef geschrieben, sich mit dem Kulturamtsleiter Justinus Calleen getroffen, aber die Entscheidung für die Theaterveranstaltung war da schon gefallen und wurde beibehalten. Die Berichterstattung im TV (3. November) sowie die veröffentlichten Leserbriefe pro und contra haben in der Folge auch Funk und Fernsehen für das Thema interessiert. Ein beschämendes Datum in Erinnerung rufen

Der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich" informiert deshalb jetzt in einer Pressemitteilung nochmals über die traditionelle Mahnwache, die am 9. November, ab 17 Uhr wieder "ein beschämendes Datum in Erinnerung rufen" will. Ulrich Jaekel ruft für den Arbeitskreis ins Gedächtnis, dass vor 30 Jahren, am 9. November 1976, erstmalig eine kleine Gruppe Wittlicher Bürger auf Initiative der Pax-Christi-Gruppe schweigend mit Kerzen vor der Tür der ehemaligen Synagoge stand. "Elf Jahre später nahm der Arbeitskreis Jüdische Gemeinde Wittlich seine Arbeit auf, um im Blick auf den 50. Jahrestag der Reichspogromnacht 1988 die jüdische Gemeinde Wittlich, die nicht mehr existiert, in Erinnerung zu rufen und vor neuen rechten Tendenzen zu warnen", sagt Ulrich Jaekel. Der Arbeitskreis rief damals wie heute dann zu den Mahnwachen, nun auf dem Marktplatz, auf. Sie beginnt in diesem Jahr um 17 Uhr schweigend, nur wenige Texte werden gelesen. Die Teilnehmer gehen dann mit den Kerzen zur Synagoge zur Kranzniederlegung am Mahnmahl durch den städtischen Beigeordneten. Währenddessen laufen in der ehemaligen Synagoge die Vorbereitungen für die szenische Lesung, die auf der Publikation "Liebesbriefe an Adolf Hitler" basiert. Sie beginnt um 20 Uhr. Drei Schauspielerinnen und ein Schauspieler werden aus den Originalbriefen vorlesen und aus den daraus resultierenden amtlichen Beschlüssen sowie zivilrechtlichen Konsequenzen. Zu Beginn gibt der Intendant eine Einführung in das Stück. Als Abschluss ist eine Diskussion mit dem Publikum. Eintrittskarten sind im Georg-Meistermann-Museum, Neustraße 2, sowie an der Theaterabendkasse erhältlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort