Musik mit leichter Hand

WITTLICH. Ein von der Unesco anerkanntes Weltkulturerbe gastierte in der Markuskirche: Ohne Gage ließ Rito Pedersen, bester Harfenist seines Kontinentes, das Publikum am Zauber seiner indianischen Heimat Paraguay teilhaben.

Ob es auf dem Globus noch jemanden gibt, der die Harfe derart gut spielt wie Rito Pedersen? Immerhin gilt er bereits als der beste Harfenspieler Südamerikas. Und das will etwas heißen. Auf seinem Kontinent wurde das Harfenspielen bis zur Perfektion entwickelt. Die Indios übernahmen das Instrument von den Spaniern und bauten seinen Klang kurzerhand in sämtliche traditionellen Feste ein. Pedersen beherrscht alle erdenklichen Spielarten der Harfe. Sie lacht und weint, sie trauert und frohlockt, sie bringt die Sterne zum Klingen, die ja, so sagen die Ureinwohner, nirgends der Erde näher sind als im Hochland von Paraguay, dem Heimatland des Ausnahmemusikers, den die Unesco 2002 zum Weltkulturerbe erklärt hat. Mit zwölf gewann er jedes Festival

Seine Lebensgeschichte klingt wie ein Märchen. Mit fünfeinhalb Jahren begann seine Liebe zur Harfe: Seitdem schlich sich das vierte von zwölf Kindern täglich in die Harfenfabrik im Ort und spielte - ohne Noten, ohne Lehrer, ganz auf sich, sein Gehör und seine Hände gestellt. Der Chef der Fabrik hörte ihn, begriff sein ungeheures Talent und startete eine Sammelaktion, um dem Jungen eine Harfe schenken zu können. Das geschah an Ritos achtem Geburtstag. Mit zwölf Jahren gewann er jedes Festival, bei dem er auftrat, mit 15 tourte er durch Südamerika, und mit 18 bereits hatte er alle Kontinente bereist. Schon Pedersens Großvater reiste viel. Er war einst aus Dänemark nach Paraguay übersiedelt, weil er sich in eine Indianerin verliebt hatte - daher der für einen Indio ungewöhnliche Name. Den Kontakt zum besten Harfespieler Südamerikas hatte das ökumenische Vorbereitungsteam des Weltgebetstages hergestellt, der sich in diesem Jahr mit Paraguay befasste. Und Pedersen schaffte es mit leichter Hand, ein paar Facetten seiner Heimat nach Wittlich zu transportieren. Da fliegt in majestätischer Eleganz der Condor durchs Gebirge, die von den Frauen mühsam gemahlenen Kaffeebohnen klackern über das Pflaster, während ihre Männer im Hintergrund trommeln, der Mate-Tee dreht seine Runden in dem einen Pott, aus dem die ganze gesellige Runde trinkt, und immer, wenn ein Kind geboren wird, begrüßt es die Dorfgemeinschaft mit einem Konzert auf kleinen Pfeifen. Auch komponieren kann Pedersen, auch das tut er gänzlich ohne Aufzeichnungen. Im Repertoire hat er auch Melodien versteckt, die dem europäischen Ohr bekannter sind: Hier ein Kirchenlied, da das Hava Nagila oder etwa ein Stück der drei Tenöre. Was immer er sich ausguckt, um es auf seine Weise zu bearbeiten: Es wird durch seine musikalische Handschrift geadelt. Am Ende vergisst er nicht, Gott dafür zu danken, dass er ihm seine Hände geschenkt hat. In der Markuskirche spielte Pedersen ohne Gage. Mit einem Teil des Geldes, das die rund 150 begeisterten Zuhörer ihm spendeten, unterstützt er eine Harfenschule in der Heimat. Zusätzlich stiftet er dem besten Schüler aus jedem Jahrgang ein Instrument.

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