Reben im Stress: Zu viel Regen und jetzt Hitze

Schweich/Bernkastel-Kues · Das extrem nasse Wetter der vergangenen Wochen stellt die Winzer an der Mosel und an der Ruwer vor große Herausforderungen. Pilzkrankheiten wie die gefürchtete Peronospora breiten sich in den Weinbergen schnell aus, wenn nicht rechtzeitig gespritzt wird. Positiv: In den meisten Lagen stehen die Reben jetzt in voller Blüte.

 Ein Schlepper hat in diesem unbegrünten Weinberg tiefe Spuren hinterlassen, in denen sich das Wasser sammelt. TV-Fotos (3): Winfried Simon

Ein Schlepper hat in diesem unbegrünten Weinberg tiefe Spuren hinterlassen, in denen sich das Wasser sammelt. TV-Fotos (3): Winfried Simon

Foto: Winfried Simon (sim) ("TV-Upload Simon"

Schweich/Bernkastel-Kues. Die Winzer an Mosel und Ruwer sind in Alarmbereitschaft. Täglich kontrollieren sie ihre Reben auf Pilzkrankheiten. Das feucht-warme Wetter lässt nicht nur die Triebe schnell wachsen, auch Pilze fühlen sich bei solchen Bedingungen sehr wohl.
Besonders der gefürchtete Peronospora-Pilz kann in wenigen Tagen eine ganze Ernte zunichtemachen, wenn er nicht rechtzeitig bekämpft wird. Erste Anzeichen einer Infektion sind gelbliche Flecke auf den Blättern, wo sich später ein weißer Pilzrasen auf der Blattunterseite bildet. Die Blattunterseite erscheint dann wie mit Mehl bestäubt, weshalb diese Pilzkrankheit auch Falscher Mehltau genannt wird.
Enorme Niederschlagsmengen


Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Mosel in Bernkastel-Kues rät den Winzern seit Wochen, die Abstände zwischen den einzelnen Spritzungen zu verkürzen. Werden normalerweise die Weinberge zehn- bis zwölfmal mit Pflanzenschutz gespritzt, können es in diesem Jahr 14 bis 15 Anwendungen sein. Erich Lentes vom DLR stellt fest: "An der Mosel sind noch keine gravierenden Schäden aufgetreten, aber in Teilen von Rheinhessen und der Pfalz sieht es übel aus. Dort gibt es Weinberge, die massiv befallen sind." Am Donnerstag meldete der Rebschutzdienst des DLR: "Uns erreichen Meldungen über Ölflecke von sehr vielen Lagen. Insgesamt herrscht momentan Alarmstufe Rot. Die Phase vor dem gemeldeten Regen am Wochenende sollte für die nächste Spritzung genutzt werden."
Ein weiteres Problem: Der nasse Boden erschwert den Einsatz von Maschinen in den flachen Lagen. Die Schmalspurschlepper hinterlassen tiefe Spuren in den Rebzeilen, die nicht begrünt sind. Dadurch werden die Bodenporen zusammengepresst. Es entsteht Staunässe und die Zahl der Bodenorganismen verringert sich.
Die Niederschlagsmengen der vergangenen Wochen und Monate waren enorm. In Ruwer gingen bislang schon über 500 Liter Regen auf den Quadratmeter nieder. Zum Vergleich: Die Jahresdurchschnittsmenge beträgt dort etwa 600 Liter, erklärt Sascha Dannhäuser, Betriebsleiter Weinbau und Kellerwirtschaft, im Weingut Karthäuserhof in Trier-Eitelsbach. "Immer wieder findet man mal ein Blatt mit Ölflecken, deshalb müssen wir öfters spritzen als in anderen Jahren. Das macht uns Arbeit und kostet viel Geld", sagt Dannhäuser.
Das gilt vor allem für die Öko-Winzer. Sie bekämpfen die Peronospora mit Kupferpräparaten. Diese Fungizide müssen aber im Prinzip nach jedem größeren Regen gespritzt werden, da sie kaum Tiefenwirkung haben und vom Regen abgewaschen werden können. Winzer Harald Steffens aus Reil, Vorsitzender des Biowein-Verbandes Ecovin Mosel-Saar-Ahr, sagt: "Das ist schon ein sehr extremes Jahr, bisher haben wir aber die Pilzkrankheiten noch einigermaßen im Griff."
Winzer Johannes Schnitzius aus Kröv achtet wie die anderen Winzer täglich auf möglichen Pilzbefall an den Reben. Bislang hätten Pilzkrankheiten in seinen Weinbergen noch keinen größeren Schaden angerichtet. Er beachte stets die aktuellen Hinweise des Rebschutzdienstes.
Angst vor Hitzegewittern

 Regenmengen von 20 Litern und mehr an einem Tag waren im Mai und Juni keine Seltenheit.

Regenmengen von 20 Litern und mehr an einem Tag waren im Mai und Juni keine Seltenheit.

Foto: Winfried Simon (sim) ("TV-Upload Simon"
 Jetzt blühen die Reben in den Steillagen– zwei Wochen später als im vergangenen Jahr.

Jetzt blühen die Reben in den Steillagen– zwei Wochen später als im vergangenen Jahr.

Foto: Winfried Simon (sim) ("TV-Upload Simon"


Michael Hutmacher, Winzer aus Konz-Oberemmel, berichtet: "Der Regen macht uns schwer zu schaffen. Die Böden sind völlig durchnässt, wie ein Schwamm. Ich kann mich an eine so lange Nässeperiode nicht erinnern." Er wünscht sich jetzt eine länger anhaltende Trockenpphase.
Den extremen Wetterumschwung in diesen Tagen sieht er mit gemischten Gefühlen. "Die starke Hitze birgt stets die Gefahr von Unwettern mit Hagel."
Unterdessen hat in allen Weinbergen die Rebblüte begonnen - etwa zehn bis 14 Tage später als im vergangenen Jahr. In den guten Steillagen stehen die Träubchen in voller Blüte, in den geringeren Flachlagen dauert es bis zu diesem wichtigen Vegetationsstadium noch einige Tage.

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