Rollstuhlfahrer ausgeschlossen?

Müttern mit Kleinkindern und behinderten Menschen sei der Zugang zum Mehrgenerationenhaus aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht möglich, moniert Hermann-Josef Hauth, sozialpolitischer SPD-Sprecher und Vorsitzender des Beirats für behinderte Menschen.

Wittlich. (mai) "Keinem behinderten Menschen und keiner jungen Mutter mit Kleinkind ist es seit der Eröffnung des Mehrgenerationen-Hauses in Wittlich möglich, dieses Haus aufzusuchen." So lautet die Kritik von Hermann-Josef Hauth, dem sozialpolitischen Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion und Vorsitzenden des Beirats für behinderte Menschen.Hauth moniert die Treppen, engen Flure und das Fehlen einer Behindertentoilette im zweistöckigen Haus an der Kurfürstenstraße. Er verweist auf die UN-Konvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen, in der gefordert wird, diese Menschen von Anfang an miteinzubeziehen.

Für den Kinderschutzbund, Träger des Mehrgenerationenhauses, ist diese Kritik nichts Neues. Vereinsvorsitzende Marina Bolinski sagt: "Wir sind uns des Problems bewusst und würden an der Situation gerne etwas ändern, aber die Hürden sind für uns sehr hoch." Ein entsprechender Umbau koste 100 000 Euro, wie eine Beratung durch Fachleute ergeben habe. Der gemeinnützige Kinderschutzbund verfüge nicht über so viel Geld. Zudem brauche der Verein für einen Umbau des gemieteten Hauses die Zustimmung des Vermieters.

Das Mehrgenerationenhaus, das den Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt fördern soll, wurde bei der Eröffnung vor eineinhalb Jahren vom Land mit 20 000 Euro bezuschusst. Vom Bund bekommt das Haus jährlich 40 000 Euro, zwei Jahre lang mit der Option auf Verlängerung.

Bolinski: "Weder die Landesmittel noch die Bundesmittel sind für Baumaßnahmen bestimmt. Das Programm für Mehrgenerationenhäuser schreibt auch keinen behindertengerechten Zugang vor." In der Praxis habe es im Mehrgenerationenhaus aber auch noch keine Probleme mit Müttern, die ihr Kind im Kinderwagen mitgebracht haben, oder mit Rollstuhlfahrern gegeben, sagt Bolinski. Für Erstere gebe es einen überdachten Carport, die Kinder würden auf dem Arm ins Haus getragen. Rollstuhlfahrer könnten bei Bedarf ins Haus getragen werden, es seien immer genug Menschen da. Bislang habe aber noch kein Rollstuhlfahrer ins Haus gewollt.

Für Gespräche mit dem Beirat für behinderte Menschen sei das Mehrgenerationenhaus offen, betont Bolinski. Hauths Bemerkung, der derzeitige bauliche Zustand des Hauses sei kein Grund, eine Bundesfamilienministerin einzuladen, trifft Bolinski nicht. Sie stellt klar: "Die Ministerin ist auf uns zugekommen." Ursula von der Leyen besucht das Haus am Montag.

Meinung

Ein großes Manko

Viele alte Menschen brauchen einen Rollator oder sitzen im Rollstuhl. Wieso wird gerade an sie im Mehrgenerationenhaus, in dem Alt und Jung zueinanderfinden sollen, nicht gedacht? Gleiches gilt für alle behinderten Menschen. Auch an sie soll sich das Angebot des Hauses richten, die baulichen Gegebenheiten erschweren jedoch ihre Teilnahme. Ein großes Manko gerade an dieser Stelle und zwar vor allem ein Manko der Konzeption. Dass die Mittel des gemeinnützigen Kinderschutzbunds für einen Umbau kaum reichen, ist klar. Aber wieso haben die Planer im Bundesfamilienministerium nicht an diesen Punkt gedacht und Fördermittel dafür reserviert? Da sollte nachgebessert werden, Frau Ministerin! m.maier@volksfreund.de

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