"Satt" an gutem Gefühl

Wittlich/Trier · Themen anpacken, die unangenehm sind - das ist die Spezialität der integrativen Theatergruppe com.guck, die Claudia Cartellieri aus Wittlich managt. Im aktuellen Stück geht es um Geschichten über das Wohnen im Alter.

 Claudia Cartellieri als alte Dame, die von ihrer Tochter (Nadine Boost) verwöhnt wird, im neuen com.guck-Stück „Heim–Suchung“. Foto: Moni Kukawka

Claudia Cartellieri als alte Dame, die von ihrer Tochter (Nadine Boost) verwöhnt wird, im neuen com.guck-Stück „Heim–Suchung“. Foto: Moni Kukawka

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Wittlich/Trier. Gerade stand sie noch als Taube in dem Weihnachtsstück "An der Arche um acht" für Kinder auf der Bühne der Trierer Tuchfabrik.
Nun spielt die Wittlicher Theaterpädagogin Claudia (von vielen Geia genannt) Cartellieri unter anderem eine betagte Dame in dem Stück "Heim - Suchung" oder "Geschichten über das Wohnen, so lange wir noch leben." Und das in einem besonderen Ensemble: der integrativen Theatergruppe com.guck, die Cartellieri gemeinsam mit Moni Kukawka im Jahr 2000 gegründet hat.
Szenen auf Akteure zugeschnitten


"Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das sein wird, mit Menschen mit Behinderung Theater zu machen", erzählt Cartellieri. "Nach der ersten Probe, bei der wir viel gelacht haben, waren alle Berührungsängste verflogen", sagt die 50-Jährige. "Die herzliche offene Art der Leute hat mich sofort begeistert. Es sind immer ungefähr ein Drittel der Leute ohne Behinderung." So könnten Szenen entstehen, die auf die jeweiligen Personen zugeschnitten seien.
Cartellieri, die als Managerin die Probetermine mit Betreuern und Wohnheimen abspricht, Buchungsanfragen bearbeitet, aber auch Regieassistentin ist, reizt es, dass die Gruppe alles selbst erarbeitet: "Wenn es etwas gibt, das mich gesellschaftlich ärgert oder mich privat bewegt, kann ich das szenisch umsetzen und mir Luft machen." Die Bühne gebe auch die Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. "Es geht bei der Arbeit mit com.guck nicht ‚nur' darum, das Publikum zu unterhalten. Wir schaffen es immer wieder, ohne Zeigefinger, sondern mit Humor ernste Themen anzupacken." Für die beeinträchtigen Kollegen bringe das Schauspiel viel: "Gemeinsam auf der Bühne zu stehen, hilft ihnen, sich einmal von einer anderen Seite zu zeigen. Nämlich als Schauspieler, der andere zum Lachen oder zum Weinen, aber auf jeden Fall zum Staunen bringt. Und das macht mich ziemlich ‚satt' an gutem Gefühl."
Was Cartellieri ebenfalls reizt: "Wir treten immer wieder an interessanten Spielorten auf wie der "Nuit des Lampions" in Wiltz, dem Konrad-Adenauer-Gebäude in Luxemburg, bei Stadt Lesen auf dem Trierer Domfreihof."
Nicht nur die Spielorte und die Akteure sind besonders: So gibt es nur selten einen geschriebenen Text. "Verglichen mit anderer Theaterarbeit muss man auch während der Vorstellung sehr wach sein und gegebenenfalls improvisieren", sagt Cartellieri.
Es sei wichtig, sich der Rolle bewusst zu sein, um darin frei agieren zu können. "Bei anderer Theaterarbeit kann man eher über den Text gehen und so zu seiner Figur finden. Bei com.guck läuft es genau anders herum. Vielleicht wird man bei com.guck ein bisschen mehr geschult Geduld zu haben, das hilft auch in anderen Lebenslagen." mehi
Premiere ist am Freitag, 3. Februar, 20 Uhr, in der Tufa Trier. Weitere Termine: 4. Februar, 20 Uhr, 5. Februar, 16 Uhr. Karten für 14/10 Euro an der Abendkasse.

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