Wider die zunehmende Gewalt im Knast

Wegen der zunehmenden Gewalt in Gefängnissen fordert der Bund für Strafvollzugsbedienstete eine bessere Ausbildung im Umgang mit diesem Problem. In Wittlich wird das Gewaltpotenzial zurzeit nicht als sehr groß eingeschätzt. Doch wird auch gewarnt: Schließlich entsteht dort der größte Knast im Land.

 Die Gewalt in Gefängnissen nimmt zu: Der Bund für Strafvollzugsbedienstete fordert eine bessere Ausbildung der Bediensteten.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Die Gewalt in Gefängnissen nimmt zu: Der Bund für Strafvollzugsbedienstete fordert eine bessere Ausbildung der Bediensteten.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Wittlich. Im Zweibrücker Gefängnis wird ein Beamter während der Sportstunde mit sieben Gefangenen unbemerkt in der Toilette überwältigt, geknebelt und gefesselt. Woanders verletzt ein Gefangener einen Vollzugsbeamten mit einer Scherbe am Hals. In Trier ist es kürzlich im Gefängnis fast zu einer Geiselnahme gekommen. Aktuelle Beispiele für Gewalt in den rheinland-pfälzischen Vollzugsanstalten.Winfried Conrad, Landesvorsitzender des Bunds der Strafvollzugsbeamten, stellt fest: "Die Gewalt in den Gefängnissen nimmt zu." Conrad spricht nicht nur von der Gewalt gegenüber Vollzugsbedienstenten, sondern auch von der Gewalt unter Strafgefangenen. Conrads Kollege Hans Josef Wagner, Ortsverbandsvorsitzender des Bunds für Strafvollzugsbedienstete in Wittlich, steuert Beispiele aus der Säubrennerstadt bei. Kürzlich hat dort ein Gefangener einem anderen beim Hofgang einen Zahn ausgeschlagen. Auch Quälereien mit brennenden Zigaretten und Erpressungen unter Inhaftierten habe es schon gegeben. Wagner räumt ein: "Wir haben in Wittlich zwar Gewalt, aber nicht so stark wie anderswo." Doch das Potenzial wächst. Das Wittlicher Gefängnis wird bis Anfang 2008 um 660 Haftplätze erweitert. Die Kreisstadt beherbergt dann mit 1300 Plätzen den größten Knast im Land.Wo entsteht diese Gewalt? "Sie wird von außen reingetragen", sagt Conrad, "wie in den Schulen." Den Gentleman-Gefangenen, auf dessen Wort noch Verlass war, gebe es nicht mehr. Stattdessen nehme die Zahl der auffälligen Gefangenen zu. Die Inhaftierten aus den Ostblock-Ländern, deren Zahl angestiegen sei, seien oft gewaltbereiter als andere. Conrad führt dies darauf zurück, dass diese Gefangenen bereits eine strafrechtliche Vorgeschichte im Herkunftsland erlebt hätten. Und der Vollzug in diesen Ländern funktioniere anders. Dort schliefen bis zu 80 Gefangene in einem Raum und der Stärkste im Haftraum habe das Sagen, nicht etwa der VollzugsbediensteteConrad hält nichts von mehr Überwachungskameras

 Der Aufenthalt hinter Gittern führt bei vielen Strafgefangenen zu Aggressionen und Gewalt. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Der Aufenthalt hinter Gittern führt bei vielen Strafgefangenen zu Aggressionen und Gewalt. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Die Vertreter der Gewerkschaft Strafvollzug fordern eine bessere Ausbildung im Umgang mit Gewalt. Gefangene sollen an Anti-Gwalttrainings teilnehmen und mehr Sport treiben. Die Vollzugsbediensteten sollen zum Umgang mit Gewalt Fortbildungen erhalten, das Thema soll aber auch in der Ausbildung an der Wittlicher JVA-Schule intensiver behandelt werden.Auch an die alte Forderung nach Einzelhaft für die Gefangenen, die auch in Wittlich wegen der Überbelegung nicht komplett umgesetzt ist, erinnern die Gewerkschafter in diesem Zusammenhang wieder. Conrad fordert außerdem die Gefahrenzulage von monatlich 95 Euro auf das Niveau der Zulage von Polizei und Feuerwehr anzuheben, das wären 127 Euro.Von mehr Überwachungskameras wie sie nach Übergriffen im Wiesbadener Gefängnis installiert werden, hält Conrad nichts. "Das ist rausgeschmissenes Geld! Wir müssen mehr am Menschen arbeiten. Die Kollegen müssen das Ohr am Gefangenen haben, um bei Bedarf zu intervenieren." Conrad lobt in diesem Zusammenhang die geplante und seiner Meinung nach ausreichende Aufstockung des Personals für den Wittlicher Neubau um rund 90 Arbeitskräfte. Ein Lob gibt es auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Wittlicher seien da sehr innovativ. Auch für den Neubau seien neue Arbeitshallen vorgesehen. Dennoch sieht Conrads Kollege Hans Josef Wagner Verbesserungsbedarf. Er fordert Arbeitstherapie für die Gefangenen. Es sei dringend nötig, manche Inhaftierten wieder an regelmäßige Arbeitszeiten zu gewöhnen. Lediglich im Jugendgefängnis werde diese Therapie ausreichend angewandt.

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